Es kommt letztlich auf die Menschen an: diese Weisheit gilt auch bei einer ERP-Einführung. Wenn die Beteiligten nicht mitziehen, ist das Risiko des Scheiterns hoch.

Damit diese Erkenntnis nicht nur ein schöner Kalenderspruch bleibt: Was heißt das konkret für Ihre Projektvorbereitung? Bevor Sie loslegen, sollten Sie ein gut funktionierendes, harmonisches Projektteam zusammenstellen.

In diesem Artikel lernen Sie alle erforderlichen Rollen kennen, welche Aufgaben sie jeweils haben und wie Sie die passenden Personen dafür auswählen.

Welche Rollen gehören zum ERP-Projektteam?

  • Projektleitung
  • Key User
  • IT-Abteilung
  • Entscheider*innen aus den Fachabteilungen
  • Anwendungsbetreuer*innen
  • Beratende vom ERP-Anbieter

Projektleitung

Aufgaben

Die Projektleitung behält immer die Projektziele im Blick. Sie überwacht die von ihr vorgegebenen Strukturen, Prozesse, Aktivitäten, Budgets und Zeitvorgaben. Sie stimmt sich eng mit dem Projektmanager des ERP-Lieferanten ab. Sie berichtet an die Geschäftsleitung und kommuniziert mit den anderen Stakeholdern. 

Im Rahmen der ERP-Einführung sind meist organisatorische Änderungen erforderlich, um Prozesse zu digitalisieren und zu optimieren. Dies kann zu Unruhe oder Widerstand in der Belegschaft führen. Deshalb sollten frühzeitig Maßnahmen des Change Managements ergriffen werden: auch diese gestaltet und begleitet die Projektleitung.

Wer eignet sich dafür?

Für die Person der Projektleitung ist ein Mix aus Fachkompetenz und sozialen Fähigkeiten wichtig (Hard und Soft Skills). Sie hat idealerweise bereits Erfahrung im Management komplexer Projekte.

Die Projektleitung muss zwischen den verschiedenen Interessen der Stakeholder vermitteln, Konflikte und andere Probleme lösen. Dies erfordert ausgeprägte Führungsqualitäten und Durchsetzungsfähigkeit sowie gute Menschenkenntnis und Empathie.

Die leitende Person muss umfangreiche Entscheidungsbefugnisse, den Rückhalt der Geschäftsführung und das Vertrauen der Belegschaft haben. Im Regelfall wird eine Führungskraft dafür ausgewählt. Die Projektleitung ist meistens ein Vollzeitjob. Die verantwortliche Person muss deshalb für die Dauer der ERP-Einführung (weitgehend) vom Tagesgeschäft freigestellt werden.

Mehr erfahren: So wählen Sie die geeignete Person für die ERP-Projektleitung aus

Key User

Aufgaben

Key User wirken von Anfang bis Ende entscheidend an der ERP-Einführung mit. Sie bringen die Perspektive der Fachabteilungen ein und sind deren Ansprechperson und Sprachrohr gegenüber der Projektleitung. Bereits bei der Definition der Anforderungen sind die Key User beteiligt. Später begleiten sie das Testing der neuen ERP-Funktionen, schulen die Anwender*innen und helfen, Probleme zu lösen.

Wer eignet sich dafür?

Key User benötigen primär intensives Wissen über das eigene Fachgebiet und die Abläufe im Tagesgeschäft. Sie müssen analytisch und abstrakt denken können: etwa wenn sie Aufgaben in softwarebasierte Prozesse „übersetzen“ oder Optimierungspotenziale in Prozessen bewerten. Bei der Schulung der Mitarbeitenden oder der Vermittlung in Konflikten sind soziale Fähigkeiten ebenfalls unverzichtbar.

Key User müssen sich in allen Bereichen auskennen, die das ERP-System abdeckt. Wenn eine Person dies nicht allein leisten kann, sollten Sie mehrere Key User aus unterschiedlichen Abteilungen benennen.

Mehr erfahren: So finden und fördern Sie Key User für Ihr ERP-Projekt

IT-Abteilung

Auch wenn die ERP-Einführung ein IT-Projekt ist, unterstützt Ihre IT-Abteilung nur stellenweise. Sie wirkt am Lastenheft bei der Definition der technischen Anforderungen mit. Bei der Einführung übernimmt sie zusammen mit dem ERP-Anbieter die Einrichtung der technischen Infrastruktur (Rechenzentrum), die Systemkonfiguration sowie die Anbindung an die bestehenden Systeme. 

Entscheider*innen aus den Fachabteilungen

Projektleitung und Key User wissen nicht über alle Details im Unternehmen Bescheid. Deshalb können bei bestimmten Fragen Entscheider*innen aus verschiedenen Abteilungen zurate gezogen werden, etwa aus Vertrieb oder Produktion. Diese bringen ihr Know-how ein. Projektrelevante Entscheidungen muss jedoch immer die Projektleitung treffen; sie hat die Gesamtperspektive und steht letztlich für die Ergebnisse gerade.

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Kundenseitige Anwendungsbetreuer*innen

Während der ERP-Einführung können Mitarbeitende als Know-how-Träger ausgebildet werden. Sie übernehmen später die Rolle des internen First-Level-Supports. Sie können einfache Probleme schnell lösen, sparen Ihnen wertvolle Zeit und eventuell Supportkosten. Solche Anwendungsbetreuer*innen können aus den Reihen der Key User kommen.

Die Geschäftsleitung sollte bei der ERP-Einführung nicht die Projektleitung übernehmen.

Berater*innen vom ERP-Anbieter

Zusätzlich können Sie weitere Beratende ins Projektteam holen: für technische Unterstützung bei der Planung und Implementierung, aber auch bei Prozessoptimierung und Change Management. Die ERP-Anbieter haben dafür eigene Beratungsteams.

Deren Vorteil: Sie haben bereits dutzende ERP-Einführungen begleitet – im Gegensatz zur Projektleitung bei Ihnen, für die das Projekt wahrscheinlich einmalig ist. Die Beratenden bringen Erfahrung und bewährte Best Practices ein. Dadurch können Sie für Ihr Unternehmen viele Risiken vermeiden und schnellere, bessere Ergebnisse erzielen. 

Welche Rolle spielt die Geschäftsleitung?

Die Geschäftsleitung hat alle Befugnisse und die strategische Gesamtperspektive. Wäre sie nicht prädestiniert für die Projektleitung? Nein. Aus mehreren Gründen:

Die ERP-Projektleitung erfordert volle Aufmerksamkeit und hohen Zeiteinsatz. Die Geschäftsleitung hat jedoch viele weitere Pflichten und ist zeitlich eingespannt. Wenn sie phasenweise nicht verfügbar wäre, würde das Projekt leiden.

Zudem mag es schwierige Konflikte im Projektteam geben. Dann kann die Geschäftsleitung als übergeordnete Instanz eingreifen und eine Entscheidung fällen. Diese Möglichkeit der „Eskalation“ entfällt, wenn die Projektleitung bereits auf höchster Ebene liegt.

Stattdessen sollte die Geschäftsleitung zeigen, dass sie voll hinter dem Projekt und der Projektleitung steht: sowohl symbolisch, in der Kommunikation, als auch praktisch. Zum Beispiel, indem sie die Beteiligten für das Projekt freistellt und ihnen die nötigen Befugnisse einräumt. Ebenso muss sie offen für Veränderungen sein und damit als gutes Beispiel für die anderen Mitarbeitenden vorangehen.

Mehr erfahren: 

Diese Aufgaben hat die Geschäftsleitung im ERP-Projekt
So sollten Projektleitung und Geschäftsleitung zusammenarbeiten

Warum ist die Zusammensetzung des ERP-Projektteams entscheidend?

Für die ERP-Einführung wird eine breite Palette an Perspektiven, Wissen und Fähigkeiten benötigt: technisch, fachlich, sozial und strategisch. Diese müssen in einem Projektteam in ausgeglichener Weise vorhanden sein. Nur so können alle Anforderungen erfüllt und die Ziele erreicht werden. 

Auch die „Chemie“, die Gruppendynamik im Projektteam, sollten Sie berücksichtigen. Die Mitglieder müssen – zumindest auf professioneller Ebene – harmonisieren und produktiv zusammenarbeiten können. Schlechte Stimmung und Streit können jedes noch so gut vorbereitete Projekt scheitern lassen.

Zwischen den ganzen technischen Anforderungen geht leicht unter, wie entscheidend die Menschen im Projekt sind. Stellen Sie das ERP-Projektteam nicht leichtfertig aus den naheliegenden Kandidat*innen zusammen. Planen Sie diesen Teil des Projekts mit der gleichen Sorgfalt wie die anderen.