Projektleiter und Key-User sind nicht die einzigen Personen, die ein ERP-Projekt umsetzen. An dieser Aufgabe ist das ganze Unternehmen beteiligt. Besonders der Führungsetage fällt eine wichtige Rolle zu. Unterstützung der Geschäftsleitung verleiht dem Projekt die nötige Dringlichkeit und hält den Verantwortlichen den Rücken frei. Auch wenn Führungskräfte nicht unmittelbar an der ERP-Einführung beteiligt sind, sollten Sie ihren Einfluss auf keinen Fall unterschätzen. Steht die Geschäftsführung nicht hinter der Projektleitung sind Verzögerungen und Konflikte bereits vorprogrammiert.

Die Projektleitung ist der Stellvertreter der Geschäftsführung im ERP-Projekt

Damit Projektleiter und Projektleiterinnen ihre Aufgabe erfüllen können, brauchen sie ausreichende Befugnisse. Sie müssen:

  • über ein eigenes Budget verfügen
  • Mitarbeiter von Projekten abziehen können
  • Key-User auswählen dürfen
  • Abläufe innerhalb und zwischen Abteilungen ändern können

All diese Elemente sind unbedingt notwendig, um ein ERP-Projekt erfolgreich umzusetzen. Zwar ist es theoretisch möglich, dass die Geschäftsleitung alle Befugnisse für sich behält und die Projektleitung lediglich als Vermittler einsetzt. In der Praxis ist jedoch ein weisungsbefugter Stellvertreter die bessere Wahl.

Fehlender Rückhalt durch die Geschäftsführung ist ein häufiger Grund für das Scheitern eines ERP-Projekts. Sorgen Sie lieber dafür, dass Projekt- und Geschäftsleitung an einem Strang ziehen.

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Micro-Management ist nicht die Aufgabe der Führungsetage

Zum einen ist das eine Frage der Organisation. Häufige Zwischenfragen bei den Vorgesetzten stören den reibungslosen Projektablauf. Es kommt immer wieder zu Verzögerungen und Unterbrechungen. Ist der Ansprechpartner häufig unterwegs, können dadurch sogar Phasen des Stillstands entstehen: Es geht erst weiter, wenn der Chef wieder da ist.

Solch ein Missstand ist fast immer das Resultat fehlenden Vertrauens der Führungsetage. Führungskräfte glauben nicht an die fachliche Kompetenz der Projektleitung und mischen sich immer wieder in Entscheidungsprozesse ein. Das stört die Projektorganisation: Abläufe dauern länger als nötig und Entscheidungen werden permanent hinterfragt. Effizient ist das nicht.

Fehlendes Vertrauen in die ERP-Projektleitung führt zu Konflikten

So unangenehm eine unnötig komplizierte Projektorganisation auch ist – fehlender Rückhalt der Geschäftsführung hat eine noch viel schädlichere Wirkung auf die ERP-Einführung: Sie schwächt die Position des Projektleiters gegenüber des Teams.

Seien wir einmal ehrlich: Würden Sie einen Teamleiter akzeptieren, der alle fünf Minuten sagt „Moment, da muss ich erst den Chef fragen“? Wohl eher nicht. Eine schwache Projektleitung fördert daher unweigerlich Konflikte. Kollegen stellen Entscheidungen immer häufiger in Frage und verzögern das Projekt unnötig.

Fehlender Rückhalt der Geschäftsleitung verzögert das ERP-Projekt

Besonders deutlich wird das im Kontext des aktuellen Tagesgeschäfts. Oft priorisieren Mitarbeiter ihre Kernaufgaben. Dem ERP-Projekt widmen sie sich erst, wenn sie nichts anderes mehr zu tun haben. Offensichtlich sprengt das jeden Zeitplan. Soll das ERP-System zu einem festen Zeitpunkt einsatzbereit sein, muss die Projektleitung daher Leistung ihrer Kollegen einfordern können.

Betrachten wir zusätzlich noch externe Projektmitarbeiter, nehmen die Verzögerungen noch weiter zu. Zeigt die Projektleitung keine Führungsstärke, wenden sich manche Berater lieber direkt an die Geschäftsleitung – Sie übergehen ihren eigentlichen Ansprechpartner einfach. Das führt wiederum zu Missverständnissen, Verwirrung und Reibungsverlusten.

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Geschäfts- und Projektleitung müssen zusammenarbeiten, um das ERP-Projekt zum Erfolg zu führen.

Die richtige Person für die ERP-Projektleitung

Damit solche Szenarien gar nicht erst aufkommen, sollte die Geschäftsleitung einer Person die Projektleitung übertragen, die alle wichtigen Eigenschaften mitbringt: Führungskompetenz, Fachkenntnisse, ein Blick fürs große Ganze und noch einiges mehr.

Hier sind drei Tipps für die Auswahl der ERP-Projektleitung:

1. Wählen Sie eine starke Persönlichkeit für die Rolle aus

Für die Position der Projektleitung suchen Sie jemanden, der das ERP-Projekt auch ohne Ihre ständige Aufmerksamkeit zum Erfolg führt – eine Person, die Entscheidungen trifft, Konflikte löst und das Projektteam koordiniert. Dazu braucht es Durchsetzungskraft und Einfühlungsvermögen. Wählen Sie also am besten eine Person aus, die diese beiden Eigenschaften bereits mitbringt: eine starke Persönlichkeit, die das ERP-Projekt eigenständig auf Kurs halten kann.

Entgegen der Befürchtung vieler Entscheider sind solche Mitarbeiter meistens nicht schwer zu finden. Wenn Sie einen Moment lang in sich gehen, fallen Ihnen bestimmt ein paar Kolleginnen oder Kollegen ein, die ihren Bereich fest im Griff haben.

Suchen Sie Personen, die besonderen Respekt bei der Belegschaft genießen, vielleicht sogar eine Mentor-Figur für jüngere Kollegen darstellen. In den meisten Fällen finden sich solche Kandidaten relativ schnell – sie strahlen quasi Autorität und Zuverlässigkeit aus.

2. Statten Sie die Projektleitung mit genügend Freiräumen aus

Dieser Hinweis knüpft unmittelbar an den vorhergehenden an. Wenn Ihnen die Projektleitung möglichst viele Aufgaben abnehmen soll, genügt es nicht, eine starke Persönlichkeit auszuwählen. Sie müssen dieser Person auch die nötigen Freiräume gewähren. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Ein eigenes Budget
  • Mitspracherecht bei der Auswahl der Key-User
  • Die Möglichkeit, interne Abläufe vorübergehend zu ändern

All diese Befugnisse sind für den Ablauf einer ERP-Einführung unverzichtbar. Und wenn die Projektleitung in diesen Angelegenheiten nicht entscheiden darf, sind eben Sie als Chef gefragt. Machen Sie sich in dem Fall darauf gefasst, dass ständig jemand in Ihr Büro marschiert und eine Entscheidung fordert. Das bedeutet zum einen zusätzliche Arbeitsbelastung und Stress für die Geschäftsleitung. Zum anderen kommt es immer wieder zu Verzögerungen, wenn Sie mal nicht verfügbar sind. Eine weitestgehend autonome ERP-Projektleitung kann Ihnen diesen Ärger ersparen.

3. Übergeben Sie die Projektleitung nicht an die IT

Als dritten Tipp haben wir noch einen Erfahrungswert für Sie: Die ERP-Einführung ist mehr als nur ein IT-Projekt. IT-Leiter und -Leiterinnen sind in der Regel keine gute Wahl für die ERP-Projektleitung. Das liegt nicht an ihren Kompetenzen oder ihrer Persönlichkeit. Es ist eher eine Frage der Perspektive. Die IT übernimmt in den meisten Unternehmen eine unterstützende Rolle: Sie stellt die technische Infrastruktur für ihre Kollegen bereit. Allerdings findet diese Zusammenarbeit nur selten auf fachlicher Ebene statt. Die IT erfährt nicht, was die anderen Bereiche im Detail tun. Genau dieser Blick über den Tellerrand ist jedoch eine wichtige Eigenschaft der perfekten Projektleitung.

Das heißt natürlich nicht, dass die IT im ERP-Projekt nur eine Nebenrolle spielt. Im Gegenteil: Ohne ihre Expertise und tatkräftige Unterstützung kann auch die beste Projektleitung nicht erfolgreich sein. Und es gibt mit Sicherheit auch das eine oder Unternehmen, dessen IT-Mitarbeiter genügend bereichsübergreifendes Wissen besitzen, um auch die ERP-Projektleitung zu übernehmen. In den meisten Fällen sind Sie jedoch mit einer anderen Person besser beraten.

Geschäfts- und Projektleitung ziehen an einem Strang

Fehlender Rückhalt durch die Geschäftsführung ist ein häufiger Grund für das Scheitern eines ERP-Projekts. Die Gründe sind vielfältig. In manchen Fällen unterschätzen Unternehmen die Komplexität einer ERP-Einführung und gestatten der Projektleitung keine Eingriffe in das Tagesgeschäft. In anderen Fällen stecken interne Konflikte dahinter.

Was auch immer die Ursache ist: Lassen Sie nicht zu, dass der Chef zum Flaschenhals wird. Arbeiten Geschäfts- und Projektleitung von Anfang an zusammen, verhindern Sie eine Menge Probleme, bevor sie überhaupt entstehen.

Wenn Sie weitere Stolpersteine kennenlernen wollen, die ein ERP-Projekt zu Fall bringen können, sei Ihnen unser Whitepaper „Die 8 Todsünden eines ERP-Projekts“ ans Herz gelegt. Es stellt neben dieser noch sieben weitere Herausforderungen vor, auf die Sie sich vorbereiten sollten.