Lückenlose Chargenverfolgung ist für viele Produktionsunternehmen unverzichtbar. Einige Branchen sind gesetzlich dazu verpflichtet, wie die Lebensmittel- oder Pharmaindustrien. Andere erhalten von Kundenseite aus Druck. Automotive-Zulieferer müssen beispielsweise eine zuverlässige Chargenverfolgung nachweisen, wenn sie eine Zertifizierung nach IATF 16949 anstreben.

Chargenverfolgung effizient in der Praxis umzusetzen, ist allerdings leichter gesagt als getan. Vielen Organisationen fehlen sowohl die technische Infrastruktur als auch geeignete Prozesse. Sie erfüllen gar nicht die Rahmenbedingungen, um lückenlose Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten. Solche Unternehmen finden in einem ERP-System mit mobiler Bestandsführung den idealen Ansatzpunkt.

Was ist Chargenverfolgung?

Bevor wir uns mit ERP-gestützter Chargenverfolgung befassen, sollten wir zunächst definieren, was eine Charge überhaupt ist. Unter einer Charge versteht man in der Produktion und Logistik eine Teilmenge von Produkten, Komponenten oder Rohstoffen, die unter den gleichen Umständen hergestellt bzw. verpackt wurden und dementsprechend identische Eigenschaften aufweisen.

Jede Charge erhält eine Nummer, anhand derer sie im weiteren Produktionsprozess identifiziert und verfolgt werden kann: die Chargennummer. Dieser Identifikator bildet die Basis für die Chargenverfolgung.

Bei Materialchargen gibt er beispielsweise Auskunft darüber:

  • unter welchen Umgebungsbedingungen ein Material wann hergestellt wurde,
  • welche Materialeigenschaften geprüft wurden (z. B. durch Zeugnis einer Schmelze) und
  • von welchem Lieferanten das Material wann bezogen wurde.

Bei Produktchargen beschreibt die Chargennummer unter anderem:

  • wann eine Produktcharge gefertigt wurde,
  • welche Maschinen und Mitarbeiter dabei zum Einsatz kamen und
  • welche Vormaterialien mit welchen Materialchargen verwendet wurden.

Die Verknüpfung zwischen Charge und Produkt funktioniert in beide Richtungen. Auf der einen Seite verrät die Chargennummer, welche Chargen in einem bestimmten Produkt verbaut sind. Das ist beispielsweise für die Bestimmung des Haltbarkeitsdatums oder die Präferenzkalkulation relevant.

Auf der anderen Seite gibt die Chargennummer auch wieder, in welche Produkte eine bestimmte Charge eingeflossen ist. Falls beispielsweise eine Materialcharge fehlerhaft ist, kann das Unternehmen die betroffenen Produktchargen genau bestimmen und aus dem Verkehr ziehen.

Was sind die Herausforderungen bei der Chargenverfolgung?

Sinn und Zweck der Chargenverfolgung ist, Zusammensetzung und Eigenschaften einer Ware transparent zu machen. Das gelingt jedoch nur, wenn der gesamte Fertigungsprozess lückenlos dokumentiert wurde. Von der Warenannahme bis zur Auslieferung an den Kunden muss jeder Schritt nachvollziehbar sein:

  • Wer hat wann die Qualitätskontrolle durchgeführt?
  • Wo lagert die Charge?
  • Für welchen Produktionsauftrag wurden welche Mengen entnommen?
  • Welche weiteren Fertigungsschritte wurden durchgeführt?
  • Wo wurde das Endprodukt gelagert?
  • An welchen Kunden oder Vertriebspartner wurde das Produkt ausgeliefert?

In dieser Dokumentation darf es keine Lücken geben. Ansonsten ist die Rückverfolgbarkeit des Endprodukts nicht länger gewährleistet. Wann immer eine Charge bewegt oder verarbeitet wird, müssen die ausführenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alles protokollieren.

Dieses Vorgehen bringt natürlich Herausforderungen mit sich. Zum Beispiel ist der Dokumentationsaufwand enorm. Per Excel Sheet jede Warenbewegung zu protokollieren ist ineffizient und gefährdet die Wirtschaftlichkeit der Produktion. Das gilt erst recht, wenn mehrere Personen und Abteilungen involviert sind.

Außerdem provoziert manuelles Vorgehen Fehler, die bei der Chargenverfolgung nicht passieren dürfen. Sobald jemand vergisst, eine Warenentnahme ordentlich zu vermerken, ist die Rückverfolgbarkeit der gesamten Produktcharge gefährdet. (Teil-)Automatisierung ist an dieser Stelle ein Muss.

Hinzu kommt, dass Materialchargen und Produktionsaufträge nicht immer eins zu eins gemappt werden können. Zum Teil entnehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur Teilchargen oder Material aus verschiedenen Chargen.

Nehmen wir zum Beispiel an, eine Produktcharge erfordert 200 Kilogramm Stahl. Im Lager befindet sich eine angebrochene Materialcharge mit 130 kg. Die Kolleginnen und Kollegen nehmen also diese 130 kg und fügen 70 kg aus einer neuen Charge hinzu. Die gefertigten Waren erhalten somit Stahl aus mehreren Chargen, was entsprechend vermerkt werden muss. Das erhöht wiederum den Dokumentationsaufwand. Zumal ein Produkt teilweise aus mehreren Rohstoffen besteht, die alle aus gemischten Chargen stammen können.

Chargenverfolgung ist ohne ERP-Unterstützung kaum umsetzbar. Der Aufwand ist zu hoch und jeder Fehler gefährdet die Rückverfolgbarkeit der ganzen Charge.

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Wie hilft ERP bei der Chargenverfolgung?

Effiziente Chargenverfolgung braucht eine Datenbank im Hintergrund, die alle Warenbewegungen und Fertigungsprozesse lückenlos dokumentiert. Für diese Funktion ist eine ERP-Lösung aus zwei Gründen prädestiniert:

  • Zum einen ist das ERP-System ohnehin mit allen wichtigen Geschäftsabläufen verknüpft. Beispielsweise vermerken die Kolleginnen und Kollegen im Lager eingehende Warenlieferungen bereits digital. Eine auswertbare Chargennummer hinzuzufügen verursacht daher wenig zusätzlichen Aufwand.
  • Zum anderen ist ein ERP-System keine Insellösung, mit der nur einzelne Abteilungen arbeiten. Es handelt sich um ein zentrales IT-System, auf das ein Großteil der Organisation Zugriff hat. Das erleichtert die Synchronisation von Warenbewegungen zwischen den Abteilungen und damit auch die Chargenverfolgung.

Hauptaufgabe eines ERP-Systems im Kontext der Chargenverfolgung ist die Bereitstellung einer Datenbank mit Informationen zu einzelnen Chargen. Sobald eine Chargennummer vergeben wird, speichert die ERP-Lösung alle Informationen, die zu dieser Charge gehören, zentral ab: Lieferdatum, Seriennummern, Produkteigenschaften, Haltbarkeitsangaben etc. Hinzu kommen Daten, die im Laufe des Fertigungsprozesses entstehen, z. B. Lagerposition, Warenbewegung oder erfolgte Verarbeitungsschritte.

effizientere chargenverfolgung

Ein ERP-System unterstützt Sie bei der Chargenverfolgung.

Für die Zuordnung einer Materialcharge zu einem Produktionsauftrag kommen mobile Endgeräte zum Einsatz. Die Kolleginnen und Kollegen im Lager buchen die Materialentnahme im ERP-System, indem sie den Barcode der Charge per Mobilgerät scannen. Dieser Vorgang ist zum einen zuverlässiger als eine Protokollierung per Zettel und Stift, denn er schließt Übertragungsfehler aus, die Menschen durchaus unterlaufen können. Zum anderen ist der Aufwand für Lagermitarbeiterinnen und -mitarbeiter geringer. Diese müssen Materialentnahmen nicht mehr manuell protokollieren (egal ob handschriftlich oder am PC-Terminal). Es reicht aus, die Ware zu scannen.

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Das ERP-System vermerkt für jeden Fertigungsauftrag, welche Materialchargen verwendet wurden.

Hinzu kommt, dass ein ERP-System nicht nur die Gegenwart betrachtet, sondern auch die Vergangenheit. Sie können z. B. nachträglich den Weg einer Charge verfolgen, auch wenn diese bereits fertig verarbeitet wurde. Das ist besonders im Falle von Reklamationen relevant.

Nehmen wir an, ein Kunde meldet ein defektes Produkt. Ihr Service muss dann feststellen, was die Ursache für den Defekt ist. Falls ein Materialfehler vorliegt, besteht die Möglichkeit, dass andere Produkte oder Chargen den gleichen Mangel aufweisen. Sie müssen also herausfinden, welche Materialcharge fehlerhaft war und welche Produktchargen betroffen sind. Ohne ERP-Unterstützung wird es Ihnen allerdings deutlich schwerer fallen, die betroffenen Produktionsprozesse im Nachhinein zu rekonstruieren.

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Über die Chargenkarte können Sie feststellen, in welche Produktionsaufträge einer Charge eingeflossen ist.

Zusammengefasst

Lückenlose Rückverfolgbarkeit von Produkt- und Materialchargen ist in vielen Branchen der Fertigungsindustrie ein Muss, egal ob es sich dabei um gesetzliche Vorgaben, Kundenanforderungen oder Qualitätsmerkmale handelt. Ohne Software-Unterstützung ist Chargenverfolgung aber nicht in dem geforderten Maß umsetzbar. Der Dokumentationsaufwand ist einfach zu hoch und jeder Fehler gefährdet die Rückverfolgbarkeit der ganzen Charge.

Ein ERP-System unterstützt Sie bei der Chargenverfolgung, indem es eine Datenbank bereitstellt, die alle Chargenbewegungen digital protokolliert. Es speichert alle wichtigen Informationen zu einer Charge ab und automatisiert einen großen Teil der Dokumentation, sodass Flüchtigkeitsfehler seltener auftreten. Sie können dadurch jederzeit feststellen, welche Charge wo verbaut ist, welche Eigenschaften sie aufweist und wie sie weiterverarbeitet wurde. Ein großer Vorteil für Ihr Qualitätsmanagement.

Auch für die Chargenverfolgung sind ERP-Systeme also von großem Wert. Wenn Sie wissen möchten, wie Sie eine ERP-Lösung in Ihrem Unternehmen implementieren, empfehlen wir Ihnen unser Whitepaper „Die ERP-Einführung von A bis Z.“. Es erklärt den gesamten Ablauf im Detail.