Aufmerksame Leser unseres Blogs kennen die eine Aussage, die sich wie ein roter Faden durch fast alle Beiträge zieht: Der Mensch ist der zentrale Faktor bei der ERP-Einführung. Holen Sie Ihre Mitarbeiter für die ERP-Einführung mit an Bord. Rückschläge in einem ERP-Projekt sind fast immer das Resultat von Kommunikationsproblemen. Wenn Sie es nicht schaffen, dass alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen, können Sie sich garantiert auf den einen oder anderen Stolperstein gefasst machen. Aber die lassen sich vermeiden.

ERP-Systeme und schlechte Kommunikation gehen nicht grundsätzlich Hand in Hand. Im Gegenteil: Eine ERP-Lösung kann ebenso dabei helfen, Kommunikationsprobleme im Unternehmen zu beheben. Denn auch bei einem fertig implementierten ERP-System steht der Mensch nach wie vor im Mittelpunkt.

Bereits die ERP-Einführung fördert die Kommunikation

Bleiben wir aber zunächst bei der ERP-Einführung, bevor wir uns mit dem fertigen System beschäftigen. In den frühen Phasen eines ERP-Projekts schreiben Sie noch keine Konzepte und optimieren auch keine Prozesse. Stattdessen tun Sie vor allem eins: Reden.

Am Anfang tragen Sie vor allem Informationen aus verschiedenen Unternehmensbereichen zusammen. Sie versuchen, ein möglichst umfassendes Bild Ihrer derzeitigen Situation zu schaffen:

  • Wie sehen Ihre Prozesse zurzeit aus?
  • Wie arbeiten die verschiedenen Abteilungen miteinander zusammen?
  • Wie tauschen sie Informationen aus?
  • Wo funktioniert die Kommunikation gut?
  • Wo kommt es zu Reibungsverlusten?
  • Welche Abläufe bieten Potential für Verbesserungen?

Geben Sie sich nicht der Illusion hin, dass Sie die Antworten auf diese Fragen einfach per Mail von Ihren Abteilungsleitern abfragen können. Denn: Planung und Realität sind oft zwei unterschiedliche Dinge.

Wir stellen bei Kundenprojekten häufig fest, dass manche Entscheider gar nicht wissen, was in der Werkshalle Tag für Tag abläuft. Mitarbeiter in der Fertigung gehen oft anders vor, als ursprünglich geplant war. Und das muss nicht unbedingt schlecht sein. Schließlich kennen die Kollegen die Probleme sehr genau, mit denen sie sich tagtäglich konfrontiert sehen.

Den tatsächlichen Ablauf müssen Sie als Entscheider jedoch kennen, bevor Sie sich an die Einführung wagen – und dazu müssen Sie Ihre Mitarbeiter fragen. Sie müssen sich mit Ihren Kollegen zusammensetzen und deren Feedback einholen. Verständigung ist der Schlüssel in dieser frühen Phase des ERP-Projekts.

Ein ERP-System führt also schon vor der Implementierung zu mehr Austausch.

Strukturierte Kommunikation dank ERP-System

Strukturen und Prozesse spielen bei der innerbetrieblichen Kommunikation eine wichtige Rolle. Wenn nicht klar ist, welche Informationen zu welchem Zeitpunkt an welche Personen gehen, entsteht lediglich Chaos. Jeder arbeitet still und leise vor sich hin und Kommunikation findet nur eingeschränkt statt.

Der Vorteil eines ERP-Systems ist hier, dass es einheitliche Prozesse voraussetzt. Ohne Struktur kann ein ERP-System nicht funktionieren. Sie müssen ganz genau definieren, wie Entscheidungen im Unternehmen getroffen werden, bevor Ihre ERP-Software die darunter liegenden Prozesse abbilden kann. Das heißt: ein ERP-System zwingt Sie dazu, Ihre Unternehmenskommunikation stärker zu strukturieren. Und das wiederum fördert den Informationsaustausch zwischen Abteilungen.

Bei der Entwicklung dieser Kommunikationsstrukturen können Sie sich wiederum an der ERP-Lösung selbst orientieren. Jedes ERP-System bildet Unternehmensprozesse auf seine eigene Art und Weise ab. Zusammenhänge zwischen Abteilungen und Geschäftsabläufen sind bereits vordefiniert und werden im Rahmen der Integration individuell an das jeweilige Unternehmen angepasst. Wenn Sie unsicher sind, wie die Kommunikation in Ihrer Organisation geregelt sein soll, orientieren Sie sich einfach an den vorgegebenen Abläufen in Ihrem ERP-System.

ERP-Lösungen schaffen unweigerlich Transparenz

Struktur alleine reicht jedoch für erfolgreiche Unternehmenskommunikation nicht aus. Schaffen Sie Transparenz und benachrichtigen Sie rechtzeitig Ihre Mitarbeiter. Andernfalls fördern Sie eine Kultur des Mistrauens, in der Ihre Mitarbeiter nur dann miteinander kommunizieren, wenn es unbedingt nötig ist. Sicher, Ihre Geschäftsprozesse sorgen für eine solide Basiskommunikation – aber bei allem, was darüber hinausgeht, herrscht Schweigen..

Wenn es zu Ihrer Unternehmenskultur gehört, dass Ihre Mitarbeiter individuelle Datensammlungen aufbauen und nichts davon teilen, geht Ihnen als Entscheider natürlich die Übersicht verloren. Einen präzisen Forecast können Sie unter diesen Umständen kaum erstellen. Der Mehrwert eines ERP-Systems liegt in dieser Situation auf der Hand. Mit einem ERP-System schaffen Sie Ordnung in Ihren Kennzahlen. Es gehört schließlich zu den wichtigsten Aufgaben einer ERP-Lösung, Geschäfts- und Prozessdaten zu konsolidieren, aufzubereiten und sichtbar zu machen. Das Unternehmen wird somit unweigerlich transparenter.

Dabei geht es vor allem darum, Entscheidungen nachvollziehbar zu machen. Wenn Sie genau zurückverfolgen können, wie es zu einer bestimmten Entscheidung kam, können Sie auch Informationen daraus ziehen. Welche Faktoren haben die Entscheidung beeinflusst? Welche Herausforderungen galt es zu überwinden? Was war das Resultat? Vergessen Sie auch nicht, weiche Faktoren zu dokumentieren, wie etwa das „Bauchgefühl“. Diese unscheinbaren Details gehen gerne einmal verloren, obwohl sie durchaus Einfluss auf Entscheidungen nehmen können. Hauptsache, Sie können die komplette Entscheidungsfindung nachvollziehen und daraus lernen.

Diese neu geschaffene Transparenz schafft zum einen Ausfallsicherheit. Wenn alle über die gleiche Informationsbasis verfügen, kann problemlos jemand anderes übernehmen, wenn ein Mitarbeiter ausfällt. Auftragsdaten, Aufgabenstatus und nächste Schritte sind schließlich in der Datenbank festgehalten und jederzeit abrufbar.

Zum anderen können Sie die Daten aus dem ERP-System als Basis für Analysen, Forecasts und Diskussionen heranziehen. Mitarbeiter fangen an, sich über Schwachstellen in Prozessen, mögliche Probleme und Optimierungspotentiale zu unterhalten. Das alleine verbessert bereits signifikant die Kommunikation im Unternehmen. Achten Sie aber darauf, dass auch wirklich alle über die gleiche Informationsbasis verfügen. Sobald Sie anfangen, individuelle Konfigurationen der ERP-Software zuzulassen (sprich: einzelne Mitarbeiter können mehr oder andere Zahlen sehen als ihre Kollegen), ist die Datengrundlage nicht mehr einheitlich.

ERP-Systeme können der innerbetrieblichen Kommunikation auch schaden

Wie Sie sehen, kann eine ERP-Lösung durchaus dazu beitragen, Kommunikationsprobleme im Unternehmen zu beheben. Das heißt jedoch nicht, dass sich ERP-Systeme ausschließlich kommunikationsfördernd auswirken. Das müssen wir differenziert betrachten. Wie jede andere Software-Lösung auch, haben ERP-Systeme sowohl Vorteile als auch Nachteile – und abhängig von Ihrer Situation können Sie sich mit einer ERP-Einführung auch ganz neue Probleme ins Haus holen.

Beispielsweise sehen Mitarbeiter ein ERP-System manchmal als Bedrohung für ihre Position im Unternehmen an. Eine ERP-Lösung schafft schließlich Transparenz und sorgt dafür, dass Aufgaben leicht von einer Person auf die andere übertragen werden können. Dies schürt die Angst vor eigenen Ersetzbarkeit. Das Individuum wird austauschbar – und damit sinkt auch die eigene Job-Sicherheit. Solche (durchaus nachvollziehbaren) Ängste müssen Sie von Anfang an in Ihr ERP-Projekt mit einbeziehen. Andernfalls werden Sie über Kurz oder Lang daran arbeiten müssen, die Widerstände gegen die ERP-Einführung zu senken.

Auch der strukturierte Informationsaustausch, den wir oben beschrieben haben, ist nicht ohne Risiken. Ironischerweise können Kommunikationsstrukturen mit Hilfe eines ERP-Systems so effizient werden, dass Mitarbeiter kaum noch miteinander reden. Wozu auch? Schließlich regelt das ERP-System alles automatisch. Leider geht auf diese Weise die persönliche Ebene verloren. Wenn die sozialen Strukturen einer Organisation verkümmern, bringt das ganz eigene Probleme mit sich. Und vergessen wir nicht, dass aus Smalltalk zwischen Abteilungen durchaus kreative Ideen entstehen können. Lassen Sie also nicht zu, dass Ihre Mitarbeiter nur noch über das ERP-System kommunizieren – denn Effizienz ist nicht alles.

Kommunikation ist ein Faktor, der sich auf den gesamten Lebenszyklus eines ERP-Systems auswirkt – von der Auswahl des passenden Anbieters bis hin zum laufenden Betrieb. Wenn Sie mehr darüber wissen möchten, welche Rolle Kommunikation bei der ERP-Einführung spielt, laden Sie sich gleich unser Whitepaper „Geschäftsleitung, Key-User und Mitarbeiter: Gewinnen Sie alle Beteiligten für das ERP-Projekt“ herunter. Es erklärt Ihnen im Detail, wie Sie Geschäftsleitung, Projektteam und Mitarbeiter für das ERP-Projekt gewinnen.