Den Produktentstehungsprozess zu koordinieren ist eine der wichtigsten Aufgaben des ERP-Systems. Die Software unterstützt dabei den gesamten Ablauf: von der Konstruktion über Arbeitsvorbereitung und Einkauf bis hin zur Produktion der fertigen Artikel.

Fertiger können den kompletten Lebenszyklus eines Produkts mit ihrer ERP-Lösung überwachen, kontrollieren und steuern – zumindest ist das in der Theorie so.

In der Praxis beobachten wir gerade in mittelständischen Unternehmen eine Lücke zwischen Konstruktion und Fertigung – eine Lücke, die durch fehlende CAD-Integration entsteht.

CAD ist heute fester Bestandteil der Konstruktion

Computer-Aided Design-Programme (CAD) sind heutzutage Standard in den meisten produzierenden Unternehmen (sofern sie selbst konstruieren). Die Software erlaubt es Konstrukteuren, komplexe Produkte zu designen und deren Verhalten in Anwendungssituationen zu simulieren.

Unterstützend kommt in der Regel noch ein Produktdatenmanagement-System (PDM) zum Einsatz, das weiterführende Informationen zu den Komponenten sowie ein Versionierungssystem bereitstellt. Zusammen bilden CAD und PDM eine effiziente Kombination für Konstruktionsaufgaben.

Die Konstruktion ist jedoch nur der erste Teil der Produktentstehung. Die Detailpläne (3-D Modelle und Zeichnungen) gehen im nächsten Schritt an die Fertigung. Das geschieht über das ERP-System – und hier kommt es zu einem gravierenden Effizienzbruch.

Fehlende CAD-Integration lässt den Arbeitsaufwand in die Höhe schnellen

In vielen Unternehmen existiert noch keine feste Schnittstelle zwischen der CAD-Software und dem ERP-System. Das heißt, der Konstruktionsbereich kann seine Fertigungspläne und Stücklisten nicht automatisch übertragen. Er muss diesen Vorgang manuell durchführen. Dies passiert vor allem in Unternehmen, die klein angefangen haben und dann gewachsen sind. Der Aufwand der Integration wurde lange Zeit gescheut und immer wieder hinausgezögert.

Irgendjemand muss also die Stücklisten, die das CAD-System auswirft, per Hand in die ERP-Lösung eintragen. Bei relativ simplen 2D-Plänen mag das noch einigermaßen funktionieren. Aber die Stücklisten komplexer Maschinen können leicht mehrere Tausend Einzelinformationen enthalten. Der manuelle Ansatz ist in diesem Fall mit einem enormen Zeitaufwand verbunden.

Darüber hinaus sind solche umfangreichen manuellen Prozesse hochgradig fehleranfällig. Wenn Sie beispielsweise Tausende Excel-Zeilen per Hand übertragen, sind garantiert einige Fehler dabei. Das lässt sich einfach nicht vermeiden. Damit diese Flüchtigkeitsfehler nicht die Qualität des Produkts gefährden, müssen Sie die Übertragung sorgfältig überprüfen und eventuell korrigieren. Der Zeitaufwand steigt also noch einmal stark an.

Auch die Konstruktion braucht Informationen aus dem ERP-System

Bisher sind wir lediglich von einem unidirektionalen Zusammenhang zwischen CAD- und ERP-Lösung ausgegangen. Das ist jedoch nicht ganz korrekt. Auch die Konstruktion profitiert von Informationen, die sie vom ERP-System erhält. Wir müssen also bidirektional denken.

Dazu ein Beispiel: Nehmen wir an, Sie entwickeln gerade eine neue Maschine. Der Lieferant einer wichtigen Komponente hat jedoch Konkurs angemeldet – das Einzelteil ist nicht länger verfügbar. Jetzt müssten Sie eigentlich den laufenden Konstruktionsprozess unterbrechen und umdenken. Ihre Konstruktionsabteilung weiß jedoch nichts davon. Wie auch? Sie kann nicht permanent die Verfügbarkeit zugekaufter Teile überprüfen.

Ohne ERP-Anbindung fällt diese Problematik erst dem Einkauf auf. Dieser muss dann die Konstruktion bitten, die Pläne und Stücklisten anzupassen. Die Kosten für diese nachträgliche Modifikation hätten Sie mit einer besseren Absprache der Abteilungen verringern können. Vom Zeitverlust ganz abgesehen.

Fehlende Kommunikation zwischen Konstruktion und Fertigung kann teuer werden

Potential für Missverständnisse besteht nicht nur im Umgang mit dem Einkauf. Auch Konstruktion und Fertigung reden zum Teil aneinander vorbei.

Häufig stellen die Kollegen während der Produktion oder der Montage fest, dass ein gezeichnetes Bauteil in der Praxis nicht ohne weiteres realisierbar ist. Vielleicht kommt es zu Komplikationen in der Fertigungstechnik. Oder während der Montage vor Ort stellt sich heraus, dass die lokalen Gegebenheiten nicht passen (vielleicht sind einzelne Komponenten nicht zugänglich, weil die Anlage zu dicht an der Wand steht).

Wie auch immer das Problem aussieht – die Pläne müssen angepasst werden.

Wenn Ihre Konstruktion nicht an das ERP-System angeschlossen ist, gestaltet sich der Änderungsprozess allerdings aufwändig und zeitintensiv – es heißt buchstäblich „back to the drawing board“. Um Flexibilität und Geschwindigkeit beizubehalten, führt die Produktion oder die Montage die entsprechenden Modifizierungen des Bauteils einfach selbst durch, ohne die Konstruktion zu informieren.

Das Resultat: die Stücklisten (und damit auch das tatsächliche Produkt) stimmen nicht länger mit der Zeichnung überein.

Stellen Sie sich vor, was das für Ihren Support bedeutet. Die Kollegen im Service wissen nicht mehr, was tatsächlich beim Kunden verbaut ist. Bei Reparaturen können sie nicht länger auf Standardprozeduren zurückgreifen. Stattdessen muss der Serivce erst einmal die vorhandene Anlage auf Modifikationen hin untersuchen. Das erhöht den Aufwand ungemeinund führt im Extremfall dazu, dass die Anlage beim Kunden stunden- oder gar tagelang still steht.

Die Anbindung der CAD-Software an das ERP-System bringt Vorteile

All diese Probleme können Sie umgehen, indem Sie die CAD-Software direkt an Ihr ERP-System anbinden. Technische Entwickler können auf diese Weise Konstruktionspläne und die dazugehörigen Stücklisten automatisch an das System senden, anstatt alles manuell zu übertragen. Das spart zum einen Zeit und zum anderen stellen Sie sicher, dass keine Flüchtigkeitsfehler passieren.

Dieser Prozess ist so flexibel, dass Sie Anpassungen bei laufender Produktion durchführen können. Das kann zum Beispiel dann Sinn ergeben, wenn sich Anforderungen während des Projekts ändern.

Darüber hinaus verfügen Sie mit einer vollständigen Integration über eine bidirektionale Verbindung zwischen CAD-Software und ERP-System. Konstrukteure erhalten Informationen über die Verfügbarkeit von Komponenten bereits während des Entwicklungsprozesses und können bei Änderungen schnell reagieren. Aufwendige Anpassungen im späten Prozess kommen gar nicht erst vor.

Ein weiterer Vorteil ist höhere Datenqualität. Das ERP-System stellt eine zentrale Informationsplattform für den Produktentstehungsprozess bereit. Falls sich Spezifikationen ändern, erreicht diese Information alle beteiligten Unternehmensbereiche. So kommt es nicht zu Missverständnissen, die teuren Mehraufwand nach sich ziehen.

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Mit einer vollständigen Integration verfügen Sie über eine bidirektionale Verbindung zwischen CAD-Software und ERP-System.

Die CAD-Integration ist ein Muss für produzierende Unternehmen

Am Ende des Tages können produzierende Unternehmen nicht darauf verzichten, die CAD-Software an das ERP-System anzubinden. Der Mehraufwand, der sich durch manuelle Datenübertragung und zusätzliche Kommunikation ergibt, ist schlicht und einfach zu groß.

Natürlich gibt es auch Ausnahmen für diese Regel. Manche Unternehmen produzieren beispielsweise nur im Auftrag ihrer Kunden und entwickeln keine Produkte selbst. Andere handeln hauptsächlich mit fertig entwickelten Artikeln oder fertigen in standardisierten Varianten.

Für die meisten Produktionsunternehmen ist die CAD-Integration allerdings eine wichtige Anforderung an ein ERP-System. Deshalb sollte sie bei der ERP-Auswahl auch unbedingt zur Sprache kommen.

Jetzt kennen Sie also bereits eine Anforderung, die Sie in Ihr Lastenheft aufnehmen sollten. Wenn Sie wissen möchten, was sonst noch in das Dokument gehört, ist unser Whitepaper „Der richtige Weg zum ERP-Lastenheft“ genau das Richtige für Sie. Es erklärt von A bis Z, wie Sie ein optimales Lastenheft erstellen.