Die Projektleitung nimmt eine zentrale Rolle bei jeder ERP-Einführung ein. Kollegen in dieser Position koordinieren alle Abläufe innerhalb des Teams, überwachen den Projektfortschritt, berichten den aktuellen Status an die Geschäftsführung, treffen fachliche Entscheidungen hinsichtlich der Implementierung und übernehmen auch alle anderen anfallenden Aufgaben des Projektmanagements.

Die richtige Person auf dieser Position kann ein Segen für jedes ERP-Projekt sein – die falsche Person bringt dagegen Konflikte, Verzögerungen und steigende Kosten mit sich. Aber wie trifft ein Unternehmen die richtige Personalentscheidung? Was macht einen guten Projektleiter oder eine gute Projektleiterin aus?

Ein Blick auf das große Ganze

Wenn Sie die richtige Person an der Spitze Ihrer ERP-Einführung suchen, können Sie sich zunächst an harte Fakten halten. Es gibt einige grundlegende Kompetenzen, die für die Projektleitung unverzichtbar sind.

Die vielleicht wichtigste Fähigkeit ist ein geschulter Blick für das Unternehmen als Ganzes. Viele Mitarbeiter kennen ihre eigene Abteilung wie ihre Westentasche – aber das reicht nicht aus, um ein ERP-Projekt zu koordinieren. Ein ERP-System verbindet alle Unternehmensbereiche miteinander, nicht nur Teilgebiete. Die Projektleitung muss diese Perspektive ebenfalls einnehmen können. Sonst entgehen ihr womöglich Fehler in der Konzeption. Deshalb ist die IT-Abteilung in der Regel eine schlechte Wahl für die Rolle des Projektleiters: Sie tut sich schwer, sich von der technischen Ebene zu trennen und die Geschäftsprozesse sowie die Aufgaben der einzelnen Mitarbeiter in den Mittelpunkt zu stellen.

Gefühl für das operative Tagesgeschäft

Neben der fachlichen Perspektive spielt auch die Hierarchieebene eine wichtige Rolle. Es liegt nahe, ein Mitglied der Geschäftsführung zum Projektleiter oder zur Projektleiterin zu bestimmen. Schließlich nimmt die Führungsetage für ihre Aufgaben zwangsläufig die Vogelperspektive ein.

In der Praxis führt diese Herangehensweise jedoch fast immer zu Problemen. Gerade in größeren Unternehmen ist die Geschäftsleitung zu weit vom operativen Tagesgeschäft entfernt. Es fällt ihr daher schwer, den tatsächlichen Nutzen einer Funktion einzuschätzen – sprich: Ergibt ein Feature des ERP-Systems wirklich Sinn oder geht es von vorneherein am Alltag der Mitarbeiter vorbei? Hinzu kommt, dass die Leitung eines ERP-Projekts mit hohem zeitlichem Aufwand verbunden ist. Für die Geschäftsführung ist es oft problematisch, sich abseits des Tagesgeschäfts die nötige Zeit dafür zu nehmen.

In kleineren Unternehmen mag die Führungsriege all diese Aufgaben noch ausführen können – bei größeren Firmen finden sich gute Projektleitende jedoch eher im mittleren Management.

Eine starke Persönlichkeit

Sie suchen also jemanden mit Bezug zum Tagesgeschäft und einem Blick auf das große Ganze. Das ist jedoch noch nicht das komplette Wunschprofil. Auch die Persönlichkeit muss stimmen. Ein guter Projektleiter oder eine gute Projektleiterin muss durchsetzungsstark, verständnisvoll und hochmotiviert sein.

Durchsetzungsvermögen ist das A und O für jeden in einer leitenden Position. Fehlt der Projektleitung die nötige Autorität gegenüber ihrem Team, kommt es leicht zu Konflikten und das Projekt verzögert sich. Sie muss die Leistung ihrer Kollegen einfordern können, um zu verhindern, dass diese die Mitarbeit an der ERP-Einführung schleifen lassen (zum Beispiel weil sie andere Aufgaben höher priorisieren). Dazu braucht die Projektleitung sowohl Durchsetzungsfähigkeit als auch den Respekt ihrer Kollegen.

Verständnis und Einfühlungsvermögen

Durchsetzungskraft alleine macht jedoch noch keinen guten Führungsstil aus. Menschenkenntnis ist mindestens genauso wichtig. Zu den Aufgaben der Projektleitung gehört es auch, Konflikte zwischen Teammitgliedern aufzulösen, Mitarbeiter zu koordinieren und die Ängste der Belegschaft vor dem ERP-System anzusprechen. Dazu bedarf es Verständnis und Einfühlungsvermögen.

Setzt die Projektleitung die gesamte ERP-Einführung strikt per Anweisung von oben durch, ohne ihre Kollegen mit einzubeziehen, kommt es zwangsläufig zu Konflikten und Widerständen innerhalb der Belegschaft. Vergessen Sie nicht, ein ERP-Projekt ist in erster Linie ein Change-Management-Prozess und kein reines IT-Projekt. Wählen Sie also jemanden mit Menschenkenntnis aus. Zusammengefasst benötigt die Projektleitung also alles das, was heute als Social Skills bezeichnet wird.

Rückhalt der Geschäftsleitung

Die letzte wichtige Eigenschaft guter Projektleitender betrifft weniger die Person als ihre Beziehung zur Geschäftsführung. Decken die Führungskräfte den Projektverantwortlichen nicht den Rücken, sind Konflikte vorprogrammiert. Ohne Unterstützung von oben kann die Projektleitung keine Autorität gegenüber dem Team entwickeln. Ihre Entscheidungen werden häufiger in Frage gestellt und dadurch kommt es zu unnötigen Verzögerungen.

Darüber hinaus können gute Projektleiter und Projektleiterinnen ihre Aufgabe nur zufriedenstellend erledigen, wenn Sie eine Reihe von Befugnissen erhalten:

  • Sie verfügen über ein eigenes Budget
  • Sie dürfen Mitarbeiter von anderen Projekten abziehen
  • Sie haben die Erlaubnis, geeignete Key-User auszuwählen
  • Sie können temporär Abläufe innerhalb der Abteilungen ändern

Diese Befugnisse erhalten Projektverantwortliche allerdings nur, wenn sie einen guten Draht zur Geschäftsleitung haben.

Die perfekte ERP-Projektleitung

Das ist sie also, die richtige Person für die Rolle der Projektleitung: Sie hat einen guten Überblick über das gesamte Unternehmen und seine Prozesse, engen Bezug zum Tagesgeschäft sowie eine gute Mischung aus Durchsetzungsvermögen und Menschenkenntnis. Als i-Tüpfelchen verfügt sie noch über die volle Unterstützung der Geschäftsleitung.

Solche optimalen Projektverantwortlichen zu finden ist nicht immer ganz einfach. In manchen Fällen kann es daher Sinn machen, die Rolle der Projektleitung auf mehrere Personen zu verteilen. Trennen Sie zum Beispiel die fachlichen von den organisatorischen Aufgaben.

Finden Sie partout keine Kandidaten für die Projektleitung, können Sie die ERP-Einführung auch verschieben. Oder Sie holen sich externe Unterstützung ins Haus, um beispielsweise organisatorische Aufgaben auszulagern. Solche Änderungen sind zwar ärgerlich, können Ihnen aber den Ärger ersparen, mit dem falschen Piloten in Richtung ERP-System zu fliegen.

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