Die Idee, ein neues ERP-System anzuschaffen, stammt nicht immer von der Geschäftsleitung. Häufig sind es Mitarbeiter aus den operativen Abteilungen, die als erste auf Missstände aufmerksam machen. Das ist auch kein Wunder, schließlich sind sie viel näher dran am Tagesgeschäft als ihre Vorgesetzten. Ineffiziente Prozesse und veraltete Software machen sich in ihrem Umfeld schneller bemerkbar.

In manchen Unternehmen löst der Hinweis aus den Abteilungen einen Bottom-up-Prozess aus. Die Geschäftsleitung reagiert auf den Input der Mitarbeiter und begibt sich auf die Suche nach einer neuen ERP-Lösung. Aber was passiert, wenn das nicht der Fall ist? Nehmen wir an, Sie sind operativ tätig und möchten die Prozesseffizienz in Ihrer Abteilung mit einem modernen ERP-System steigern – doch die Führungsebene winkt ab. Was nun?

Die Geschäftsleitung will Kennzahlen

Das Problem in solchen Fällen ist meist, dass Führungskräfte die Organisation und ihre Herausforderungen aus einer anderen Perspektive betrachten als operative Mitarbeiter.

Für die Kollegen im Einkauf wäre es natürlich einfacher und schneller, wenn das ERP-System den Materialbedarf vollautomatisch aus den Stücklisten und Auftragsdaten der Arbeitsvorbereitung berechnet. Und die Service-Kräfte wären mit Sicherheit zufriedener, wenn sie ihre Auftragsmappen in digitaler Form im ERP-System ablegen und verwalten könnten, statt jedes Mal verschiedene Zettel zusammenzusuchen.

Das alles sind Vorteile, die sich auf die Tätigkeit einzelner Mitarbeiter auswirken. Die Geschäftsleitung denkt dagegen in Zahlen. Liefertreue und Durchlaufzeiten sind für sie wichtiger als die Effizienz einzelner Arbeitsabläufe.

Das mag kaltherzig klingen. Aber bedenken Sie, dass die Führungsebene die gesamte Organisation verwaltet. Sie muss, je nach Unternehmensgröße, Dutzende bis Tausende Menschen überblicken. Der Arbeitsalltag von Einzelnen hat da nur wenig Relevanz. Zumal Ihre Vorgesetzten selbst anhand von Kennzahlen gemessen werden. Ihre eigene Karriere hängt an diesen Werten. Das beeinflusst natürlich auch die Denkweise.

Um die Geschäftsleitung vom Nutzen eines ERP-Systems zu überzeugen, brauchen Sie klare Kennzahlen. Sonst stoßen Sie auf taube Ohren.

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Betrachten Sie das Big Picture

Sich zu ärgern, bringt in dieser Situation überhaupt nichts. Die Geschäftsleitung ist mit dem Tagesgeschäft nicht so sehr vertraut wie die operativen Mitarbeiter. Sie ist stärker darauf fixiert, das große Ganze zu betrachten.

Wenn Sie Ihren Chef oder Ihre Chefin von den Vorteilen eines ERP-Systems überzeugen wollen, sollten Sie darauf verzichten, Ihre eigenen Arbeitsabläufe detailliert zu beschreiben. Versuchen Sie stattdessen, die Perspektive zu wechseln und genauso zu denken, wie Ihre Vorgesetzten.

Zunächst sollten Sie dazu Ihre eigene Tätigkeit im Kontext der gesamten Organisation betrachten. Sie arbeiten schließlich nicht in einem Vakuum. Alles, was Sie tun, wirkt sich auch auf das Unternehmen aus. Das gilt natürlich auch für Missstände und Verbesserungspotential. Wenn einer Ihrer Arbeitsschritte zu lange dauert, muss in der Regel einer Ihrer Kollegen ebenfalls warten. Solche Verzögerungen summieren sich über den gesamten Wertschöpfungsprozess und führen am Ende zu einem messbaren Umsatzverlust.

Hinzu kommt, dass die Kollegen in Ihrer Abteilung höchstwahrscheinlich unter dem gleichen Problem leiden. Prozessoptimierung mit ERP-Unterstützung wirkt sich also nicht nur auf Sie persönlich aus, sondern auf die gesamte Abteilung. Und wenn ein ganzer Unternehmensbereich effizienter arbeitet, bekommt das mit Sicherheit auch die Geschäftsleitung mit.

Drücken Sie den Nutzen eines ERP-Systems in Zahlen aus

Sobald Sie Ihre eigenen Verbesserungsvorschläge in den Kontext der Unternehmensorganisation eingeordnet haben, besteht der nächste Schritt darin, den ERP-Nutzen in Kennzahlen abzubilden.

Versuchen Sie, abstrakte Vorteile wie „geringere Komplexität“ oder „schnellere Prozessabwicklung“ konkret zu quantifizieren. Wie viel Zeit spart beispielsweise der Einkauf, wenn die Bedarfsermittlung automatisch stattfindet? Zeigen Sie auf, wie lange der Prozess dauert, wenn Sie ihn manuell durchführen, und vergleichen Sie diesen Wert mit einem ERP-unterstützten Vorgehen. Setzen Sie das Ergebnis in den Kontext der Durchlaufzeit, erhalten Sie einen konkreten Wert, den Sie der Geschäftsleitung präsentieren können.

Im Idealfall haben Sie nicht nur eine Zahl im Gepäck, sondern gleich noch eine Methode, mit der Sie diese in Echtzeit berechnen können. Denn eine statische KPI nutzt niemandem etwas. Erst die Analyse im Zeitverlauf ermöglicht es, Erkenntnisse aus den gemessenen Werten zu ziehen. Solche dynamischen Kennzahlensysteme lassen sich aber nur schwer ohne KPI-Cockpit implementieren. Die schiere Masse an Informationen erfordert entsprechende Software, denn ohne Visualisierung haben Sie ausschließlich nichtssagende Daten vor sich.

Ziele definieren ERP

Die Geschäftsleitung denkt meist in Zahlen. Passen Sie Ihre Überzeugungsarbeit daran an.

Suchen Sie Verbündete

Leider ist es nicht immer möglich, Kennzahlen für einzelne Tätigkeiten zu berechnen. Verflechtungen in größeren Unternehmen führen dazu, dass sich Verbesserungen erst über einen ganzen Prozess hinweg offenbaren. Können Sie Ihre Verbesserungsvorschläge nicht alleine quantifizieren, sollten Sie sich daher Verbündete suchen.

Sprechen Sie zum Beispiel die Kollegen an, die Ihren Input weiterverarbeiten. Deren Arbeit wird mit einem ERP-System vermutlich ebenfalls einfacher und effizienter. Schließlich hängen Sie alle am gleichen Prozess. Oder schließen Sie sich mit Kollegen kurz, die Ihnen zuarbeiten. Wenn diese effizienter arbeiten, ergeben sich daraus mit Sicherheit auch Vorteile für Ihre Arbeit. Auf diese Weise kreieren Sie nach und nach ein Gesamtbild, aus dem Sie konkrete, quantitative Vorteile eines ERP-Systems ableiten können.

Verbündete ERP-Befürworter haben darüber hinaus noch einen weiteren Nutzen: Sie erzeugen ein stetiges Hintergrundrauschen. Wenn Sie alleine bei der Geschäftsleitung vorsprechen, macht das weniger Eindruck als ein Dutzend Kollegen, die regelmäßig Druck ausüben. Bonuspunkte gibt es, wenn Sie externe Partner für Ihr Anliegen gewinnen. Vorschläge aus den eigenen Reihen sind eine Sache. Aber wenn beispielsweise ein Lieferant bei vorhandener ERP-Anbindung Just-in-Time-Lieferung anbietet, macht das schon wesentlich mehr Eindruck.

Drei Argumente überzeugen die meisten Führungskräfte von ERP

Die Geschäftsleitung sucht immer nach Wegen, das Unternehmen voranzubringen. Mit Vorteilen für individuelle Mitarbeiter erreichen Sie wenig. Stattdessen sollten Sie Ihrer Chefin oder Ihrem Chef darlegen, wieso die ganze Organisation von einem ERP-System profitiert. Drei Argumente eignen sich hierfür besonders gut:

1. Geschäftsprozesse werden effizienter

Sie würden sich wundern, wie viele Unternehmen in ihren internen Prozessen noch auf Word und Excel setzen. Die beiden Microsoft-Tools sind erstaunlich oft noch immer die erste Wahl – und das nicht nur in kleinen Unternehmen. Viele größere Organisationen schwören oft noch auf die gute, alte Excel-Tabelle.

Die Gründe für dieses Vorgehen sind in der Regel rein pragmatisch: „Excel-Sheets haben bisher funktioniert, die habe ich selbst im Griff, wieso sollten wir sie auswechseln?“ Auf den ersten Blick stimmt das natürlich. Manuelle Organisation ist funktional. Wenn wir jedoch genauer hinschauen, zeigen sich einige Schwächen.

Zum einen ist dieses Vorgehen nicht skalierbar. Ihre sorgfältig erstellte Excel-Tabelle mag für eine Abteilung mit fünf Mitarbeitern oder eine beschränkte Anzahl an Aufträgen oder Produkten ausreichen – aber was passiert, wenn Sie wachsen? Kann Ihre Tabelle 10 oder 20 Mitarbeiter verkraften? Und was geschieht, wenn Sie Mitarbeiter an verschiedenen Standorten koordinieren müssen?

Irgendwann kann die Excel-Tabelle einfach nicht mehr mithalten. Ihre Prozesse werden langsam, schwerfällig und ineffizient. Ein ERP-System ist dagegen wesentlich flexibler in Bezug auf Unternehmensgröße und -struktur.

Zum anderen beeinträchtigen Sie mit der Excel/Word-Methode auch potentielle Automatisierungsansätze. Das Wissen über Ihre Unternehmensprozesse liegt bei Ihren Mitarbeitern, nicht im System. Die Excel-Datei unterstützt den Anwender lediglich bei einem Prozess, den er oder sie selbst ausführt.

Was Sie eigentlich wollen ist eine Software, die Routineaufgaben selbstständig abwickelt und Ihre Mitarbeiter entlastet. Die Maschine soll Ihnen die Datenaufbereitung abnehmen, damit der Mensch sich auf das Denken und Entscheiden konzentrieren kann. Das können manuelle Methoden aber nicht leisten. Dazu benötigen Sie Software-Unterstützung.

Wenn Sie Ihr Archiv aus Excel- und Word-Dateien gegen ein modernes ERP-System eintauschen, werden Sie feststellen, dass Ihre Prozesse schneller, schlanker und effizienter werden. Das System entlastet Ihre Mitarbeiter und fördert eine Kultur der Kreativität und Innovation.

2. Datenqualität nimmt zu

Statt einer ERP-Lösung nutzen Unternehmen oft ein Netzwerk verteilter Software-Systeme, die jeweils über eine eigene Datenhaltung verfügen. Der Vertrieb hat ein CRM-System, die Distributionsabteilungen ein separates Warenwirtschaftssystem, die Produktion ein APS-System etc. Hinzu kommt, dass jede Niederlassung eine eigene IT-Infrastruktur im Einsatz hat.

Aus der Perspektive der einzelnen Abteilung mag zwar alles in Ordnung sein – aber wenn wir übergreifende Prozesse mit einbeziehen, offenbart sich das Chaos. Hier nur ein paar Beispiele:

  • Der Support erfährt nicht, dass die Kollegen aus der Montage die Maschine eines Kunden nachträglich angepasst haben.
  • Die Konstruktion plant Komponenten ein, die der Einkauf gar nicht mehr beschaffen kann.
  • Der Vertrieb benutzt veraltete Listen, die im Marketing längst als Rückläufer bekannt sind.

Solche Fehler können Sie nur vermeiden, indem Sie Ihre Insellösungen durch eine zentrale abteilungs- und standortübergreifende Datenbank ersetzen, auf die jeder im Unternehmen zugreift – zum Beispiel in Form eines ERP-Systems. Dopplungen, Redundanzen und Kommunikationsfehler werden dadurch verhindert und Ihre Datenqualität steigt.

3. Transparenz steigt

In den meisten KMU herrscht eine Art „kontrollierter Prozesswildwuchs“. Das ist die Folge einer schleichenden Inselbildung im Unternehmen. Die Abteilungen genießen einen bestimmten Grad an Autonomie, um ihre Aufgaben effizient zu erledigen und die Führungsebene zu entlasten. Solange es keine direkten Auswirkungen auf die Gesamtorganisation gibt, kann sich jede Abteilung selbst verwalten.

Das mag einfach sein und sich nicht negativ auf das Tagesgeschäft auswirken. Aber wenn Sie Prozessoptimierung betreiben wollen, stoßen Sie schnell auf Hindernisse.

Sie können zwar die Prozesse der eigenen Abteilung auf Vordermann bringen. Doch sobald Schnittstellen zu anderen Bereichen ins Spiel kommen, geraten Sie an Ihre Grenzen. Oft tauschen sich Unternehmensbereiche nur dann aus, wenn es unbedingt notwendig ist. Alle schotten sich ab und niemand hat den vollen Überblick.

Wenn Sie dagegen ein ERP-System einführen, gewinnen Sie plötzlich ein hohes Maß an Transparenz. Da die ERP-Software alle wichtigen Geschäftsprozesse abbilden muss, finden sich auch alle Vorgänge und Daten im System wieder. Plötzlich wird klar, welche Auswirkungen die eigene Arbeit auf das Gesamtunternehmen hat und wo genau Optimierungspotential besteht.

Ein weiterer Vorteil dieser neu geschaffenen Transparenz: Sie machen Ihre Prozesse gegenüber Dritten nachvollziehbar. Nehmen wir zum Beispiel an, Sie streben eine ISO-Zertifizierung an. In dem Fall müssen Sie einer Prüfstelle gegenüber nachweisen, dass Ihre Prozesse bestimmten Qualitätsstandards entsprechen. Der Nachweis wird Ihnen ohne strukturierte Prozessdokumentation enorm schwerfallen. Ein ERP-System macht Ihnen die Sache da schon leichter.

Wechseln Sie die Perspektive, wenn Sie die Geschäftsleitung überzeugen wollen

Lehnt die Geschäftsleitung die Anschaffung eines neuen ERP-Systems ab, geschieht das nicht aus Trägheit oder Ignoranz. In der Regel sieht sie einfach nicht die Vorteile einer modernen ERP-Lösung. Das mag für operative Mitarbeiter frustrierend sein, denn für sie ist der Mehrwert offensichtlich. Aber denken Sie immer daran, dass Führungskräfte einen anderen Blick auf das Unternehmen haben. Sie sind für eine Vielzahl von Prozessen und Mitarbeitern zuständig und müssen jeden Tag weitreichende Entscheidungen treffen. Da ist es kein Wunder, wenn sich die Führungsspitze immer weiter vom Geschäftsalltag distanziert und sich stattdessen auf das Big Picture konzentriert.

Wenn Sie Ihren Chef oder Ihre Chefin von den Vorteilen eines ERP-Systems überzeugen wollen, sollten Sie daher versuchen, die Perspektive zu wechseln. Stellen Sie den Mehrwert der Software im Kontext der gesamten Organisation dar und bringen Sie konkrete, quantitative Kennzahlen mit, um Ihre Argumente zu untermauern. Denken Sie wie die Geschäftsleitung – dann sollte es auch kein Problem sein, Ihre Vorgesetzten von einer neuen ERP-Lösung zu überzeugen.

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