Bei der ERP-Einführung gilt, wie bei jedem anderen Projekt auch: Planung ist alles. Unternehmen, die sich nicht ausreichend vorbereiten, setzen den Projekterfolg aufs Spiel – und das kann teuer werden. Was Sie stattdessen brauchen, ist ein Plan: eine detaillierte Checkliste, die Sie Schritt für Schritt abarbeiten.

Für ERP-Veteranen ist es in der Regel kein Problem, solch einen Plan zu erstellen. Sie können auf ihre eigenen Erfahrungswerte zurückgreifen. Aber was machen Entscheider, die vor ihrer ersten ERP-Einführung stehen? Das Internet bietet zwar eine Menge an Material über das Vorgehen, aber diese Inhalte sind oft oberflächlich und lückenhaft. Es ist schwer, eine verständliche (und vor allem vollständige) Beschreibung der ERP-Einführung als Gesamtprozess zu finden. Deshalb haben wir uns einmal die Zeit genommen und in diesem Blogbeitrag das komplette Vorgehen beschrieben: Die ERP-Einführung von A bis Z.

Vorbereitung und Anforderungsanalyse

Entgegen der Erwartungen vieler Entscheider beginnt ein ERP-Projekt nicht mit riesigen Lastenheften oder komplexen Zeichnungen auf einem Whiteboard. Es beginnt damit, dass Sie sich zurücklehnen und gründlich nachdenken.

Die erste Frage, die Sie sich stellen sollten, lautet: Haben Sie die notwendigen Ressourcen für ein ERP-Projekt? Bedenken Sie: Die ERP-Einführung bindet einen Teil Ihrer Mitarbeiter über mehrere Monate. In dieser Zeit kann Ihr Projektteam dem eigenen Tagesgeschäft nur bedingt nachkommen. Können Sie diesen Arbeitsausfall verkraften? Wenn nicht, sollten Sie das Projekt lieber auf einen längeren Zeitraum ausdehnen.

Wenn Sie sichergestellt haben, dass Sie das ERP-Projekt stemmen können, geht es an die Anforderungsanalyse. Denken Sie zunächst einmal formlos darüber nach, was Ihr ERP-System alles können sollte. Dabei gibt es zwei Perspektiven, die Sie betrachten müssen: die technische (welche Technologien benötigen Sie?) und die funktionale Anforderungsanalyse (welche Features muss Ihr ERP-System mitbringen?). Vermeiden Sie an dieser Stelle den Fehler, alle Anforderungen in Eigenregie festzulegen. Machen Sie lieber einen Rundgang durch das Unternehmen und holen Sie sich Input aus den Abteilungen. Nur so erfahren Sie, welche Anforderungen Ihre Mitarbeiter wirklich an das ERP-System haben.

Das Lastenheft

Im nächsten Schritt schreiben Sie alle bisherigen Überlegungen formell in Ihrem Lastenheft nieder. Dieses Dokument bildet später die Basis für die eigentliche ERP-Auswahl. Es enthält nicht nur Ihre technischen und funktionalen Anforderungen, sondern auch:

  • Informationen über Unternehmen und Marktumfeld
  • eine Übersicht über Ihre technische Infrastruktur
  • den Zeitplan Ihres ERP-Projekts

Das Lastenheft ist ein Thema für sich, über das wir bereits zahlreiche weitere Blogbeiträge veröffentlicht haben. Falls Sie Probleme mit Ihrem Lastenheft haben, finden Sie zu Beispiel in diesem Beitrag nützliche Tipps und Tricks. An dieser Stelle möchten wir Ihnen nur einen Hinweis mit auf den Weg geben: Unterschätzen Sie nicht das Lastenheft! Dieses Dokument bildet den Grundstein der weiteren ERP-Einführung. Wenn Sie an dieser Stelle sparen, rächt sich das später – garantiert.

Von der Longlist zur Shortlist

Mit dem Lastenheft haben Sie eine solide Grundlage für Ihr neues ERP-System geschaffen. Jetzt geht es darum, den passenden Anbieter auszuwählen. Allerdings ist der ERP-Markt groß und komplex. Es gibt hunderte ERP-Systeme. Sie müssen die Auswahl erst auf eine überschaubare Liste möglicher ERP-Partner eingrenzen. So eine Liste nennen wir Shortlist.

Bevor Sie Ihre Shortlist zusammenstellen, sollten Sie erst eine grobe Eingrenzung durchführen. Eine simple Internet-Recherche reicht dafür völlig aus. Machen Sie sich ein Bild der verfügbaren ERP-Systeme und streichen Sie jene, die schon jetzt nicht in Frage kommen. Ein hilfreiches Kriterium sind die Anforderungen, die Sie im Lastenheft niedergeschrieben haben. Fehlt zum Beispiel ein Feature, das Sie als zentrale Anforderung deklariert haben? Schon haben Sie Ihre Liste weiter eingeengt.

Das Ergebnis dieser Vorauswahl ist Ihre Longlist – eine Liste von ERP-Anbietern, die sich generell eignen. Im nächsten Schritt schicken Sie Ihr Lastenheft an alle Anbieter auf der Longlist und bitten um eine erste Einschätzung. Die Antwort, die Sie auf diese Anfrage erhalten, bildet Ihr nächstes Auswahlkriterium. Achten Sie dabei nicht nur auf inhaltliche Aussagen, sondern auch auf „weiche Faktoren“. Erhalten Sie zum Beispiel eine standardisierte Antwort oder eine individuelle Evaluierung Ihrer Anfrage? Beides kann Ihnen wertvolle Informationen über den Anbieter liefern.

Falls Sie nach dieser Grobauswahl noch nicht genügend Informationen haben, können Sie mit den verbliebenden Anbietern ein persönliches Treffen ausmachen. Lassen Sie sich die verschiedenen ERP-Systeme kurz vorstellen und nutzen Sie die Möglichkeit, den Anbieter persönlich kennenzulernen. Das hilft Ihnen dabei, Ihre Longlist weiter zu filtern, bis Sie ein Dokument mit allen geeigneten ERP-Anbietern in den Händen halten: Ihre Shortlist.

agenda erp einfuehrung

Ablauf einer ERP-Einführung

ERP-Workshops und Systemauswahl

Jetzt haben Sie also eine Liste potentieller ERP-Partner vor sich liegen. Ist die ERP-Auswahl damit beendet? Leider nein. Die Anbieter auf Ihrer Shortlist eignen sich zwar grundsätzlich alle als ERP-Partner – aber Sie wissen immer noch nicht, welcher davon am besten zu Ihnen passt. Das mag kleinlich klingen, aber die Entscheidung für ein ERP-System hat langfristige Folgen. Sie sollten sicherstellen, dass Sie wirklich die richtige Wahl treffen.

Aus diesem Grund entscheiden sich die meisten Unternehmen dafür, die Anbieter auf der Shortlist im Rahmen ein- bis zweitägiger ERP-Workshops näher kennenzulernen. Diese Veranstaltungen ermöglichen den Anbietern, sich und ihre ERP-Software vorzustellen sowie detailliert auf Fragen und Anforderungen des Interessenten (in dem Fall Sie) einzugehen.

Da diese Präsentationen individuell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten sein sollten, versteht es sich von selbst, dass sich der Anbieter gründlich darauf vorbereiten muss. Er braucht präzise Informationen über Ihr Unternehmen, Ihre Branche und Ihre Herausforderungen. Das Lastenheft ist zwar eine gute Quelle für diese Informationen, aber nichts schlägt an dieser Stelle das persönliche Gespräch. Deshalb raten wir immer dazu, alle Gesprächspartner im Vorfeld zu einem Anbieter-Briefing einzuladen. Dabei handelt es sich um ein Vorbereitungs-Meeting, das dem Anbieter erlaubt, im direkten Gespräch mehr über Ihr Unternehmen und dessen Kontext zu erfahren. Unserer Erfahrung nach führen solche Briefings immer zu besseren ERP-Workshops – und erleichtern Ihnen wiederum die Entscheidung für das passende System.

Nachdem Sie mit allen Shortlist-Anbietern einen Workshop durchgeführt haben, müssen Sie sich nur noch für einen davon entscheiden. Auch hier lauern wieder Tücken. Viele Unternehmen sehen die Kosten als primäres Entscheidungskriterium. Aber auch „weiche Faktoren“ können große Auswirkungen haben. Wenn es zum Beispiel persönliche Antipathien zwischen Ihrem Projektteam und dem Anbieter gibt, können Sie sich schon jetzt auf Konflikte gefasst machen. Achten Sie lieber darauf, alle Faktoren im Auge zu behalten, nicht nur den Preis.

Die Implementierung

Sobald Sie den passenden ERP-Anbieter ausgewählt und die vertraglichen Details geklärt haben, beginnt die nächste Phase der ERP-Einführung: Die Implementierung. Hier geht es darum, das ERP-System technisch umzusetzen und in Ihren Prozessen zu verankern. Parallel dazu erhalten Ihre Mitarbeiter Schulungen für die Arbeit mit dem ERP-System.

Zunächst steht jedoch erst einmal ein weiterer Workshop auf dem Programm, in dem Sie und Ihr ERP-Partner gemeinsam die Anforderungen aus dem Lastenheft durchleuchten. Ziel des Ganzen ist, eine gemeinsame Perspektive zu entwickeln und letzte Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Das Ergebnis dieses Workshops ist das Pflichtenheft: Ein Dokument, das festlegt, wie der ERP-Anbieter die Vorgaben aus Ihrem Lastenheft technisch umzusetzen gedenkt. Manche ERP-Verantwortliche machen den Fehler, das Pflichtenheft einfach durchzuwinken, um das Projekt zu beschleunigen. Das kann jedoch teure Auswirkungen haben, denn auch bei intensiver Absprache sind unterschiedliche Interpretationen nie auszuschließen. Lesen Sie sich das Pflichtenheft lieber gut durch und prüfen Sie alles sorgfältig.

Sobald das Pflichtenheft steht, richten die technischen Mitarbeiter des ERP-Anbieters zusammen mit Ihrer IT-Abteilung die Software bei Ihnen ein und führen eventuelle Anpassungen durch.

Abnahmetest und Schulung

Im Anschluss an die technische Umsetzung folgen mehrere Migrationstest und die endgültige Abnahme. Nun können Sie als Kunde das System auf Herz und Nieren prüfen. Seien Sie an dieser Stelle keinesfalls ungeduldig. Überprüfen Sie sorgfältig jede einzelne Funktion – Nachlässigkeit kann teuer werden.

Parallel zu dem ganzen Implementierungsprozess findet die Schulung Ihres Teams statt. Bei diesen Schulungen handelt es sich eigentlich um zwei verschiedene Trainings: Die Grundschulung und die Mitarbeiterschulung. Beide finden zu unterschiedlichen Zeitpunkten statt. Die Grundschulung erfolgt zu Beginn der Implementierung. Der ERP-Anbieter gibt Ihren Key-Usern einen Überblick über das System und schult sie im Umgang mit den wichtigsten Funktionen. Ziel des Ganzen ist, die Key-User für die Betreuung der Umsetzung und spätere Trainings ihrer Kollegen fitzumachen.

Die Mitarbeiterschulung erfolgt dagegen erst gegen Ende der Implementierung. Sobald das System läuft, holen Sie auch den Rest Ihrer Mitarbeiter an Bord. Im Gegensatz zur Grundschulung übernimmt diese Aufgabe jedoch nicht der ERP-Anbieter, sondern Ihre Key-User. Es handelt sich also um interne Schulungen. Der Sinn dahinter ist, den innerbetrieblichen Wissenstransfer zu unterstützen und ERP-Wissen im Unternehmen zu verankern. Auf diese Weise sind Sie nicht mehr so stark von Ihrem ERP-Partner abhängig.

Sobald Sie auch diesen Schritt beendet haben, ist die ERP-Einführung komplett. Das System steht und Ihre Mitarbeiter können damit umgehen. Ihre ERP-Lösung ist bereit für den Einsatz.

Der komplette Ablauf als Checkliste ERP-Einführung

Zusammengefasst ergibt sich also folgender Prozess bei der Einführung eines ERP-Systems:

  • Anforderungsanalyse
  • Lastenheft
  • Longlist
  • Shortlist
  • Anbieter-Briefing
  • ERP-Workshops
  • Systemauswahl
  • Pflichtenheft
  • Technische Umsetzung
  • Migrationstests
  • Schulungen

Natürlich können wir im Rahmen eines Blogbetrags nicht den gesamten ERP-Einführungsprozess in allen Details beschreiben. Aber diese Liste gibt Ihnen zumindest schon mal einen Eindruck davon, wie ein ERP-Projekt in der Praxis aussieht und was Sie erwartet. Das ist zumindest schon mal ein erster Schritt.

Wenn Sie noch tiefer in das Vorgehen bei der ERP-Einführung eintauchen wollen, sollten Sie gleich unser Whitepaper „Die ERP-Einführung von A bis Z“ anfordern. Es geht noch viel tiefer auf die einzelnen Schritte ein, die wir hier nur angerissen haben