Das Ziel jedes Fertigungsunternehmens ist, den Produktentstehungsprozess so reibungslos wie möglich zu gestalten. Der Weg dahin scheint auf dem Papier offensichtlich: ein klar strukturiertes Product-Lifecycle-Management (PLM), das sämtliche Teilbereiche der Produktentstehung nahtlos miteinander verknüpft – vom ersten Entwurf bis hin zur Serienreife. Allerdings liegt dieses Ziel für viele Unternehmen noch in weiter Ferne. Statt kompletter Vernetzung herrscht bei Ihnen ein Wildwuchs von Insellösungen vor. Nahezu jede Fachabteilung verwendet ihr eigenes Software-System und tauscht Daten manuell mit anderen Bereichen aus (z. B. per Excel-Tabelle). Von nahtloser Integration ist hier wenig zu spüren.

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Was also tun, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist? Wie sollten Sie in solch einer Situation nun vorgehen? Ganz einfach: fangen Sie klein an und verknüpfen Sie nach und nach einzelne Software-Lösungen, bis ein integriertes Netzwerk entsteht. Sicher, auf den ersten Blick erscheint es schwierig, dieses Knäuel zu entwirren. Daher lautet unser Tipp: Beginnen Sie mit den zwei wichtigsten Komponenten. Das Produktdaten-Management (PDM) und das Enterprise-Ressource-Planning (ERP) sind die zentralen Bausteine. Sie verwalten alle Daten, die im Laufe des Produktlebenszyklus anfallen und bilden zusammen das Herz der Produktentstehung.

Aber Vorsicht: die Integration von ERP und PDM hat ihre Tücken!

ERP- und PDM-System hängen eng miteinander zusammen

Doch schaffen wir zunächst etwas Kontext. Wie hängen PDM- und ERP-System miteinander zusammen? Ganz einfach: Beide Systeme steuern einen Teil des Produktentstehungsprozesses – sie setzen nur an anderen Stellen an.

Ein ERP-System ist eine umfassende Software-Lösung, die alle Ressourcen (materiell und personell) und Prozesse eines Unternehmens abdeckt. Der Funktionsumfang eines ERP-Systems schließt eine Vielzahl von Unternehmensbereichen ein, wie zum Beispiel:

  • Warenwirtschaft
  • Produktionsplanung und -steuerung
  • Finanz- und Rechnungswesen
  • Betriebsdatenerfassung

ERP-Lösungen sind darauf ausgelegt, möglichst viele Unternehmensbereiche abzudecken und miteinander zu vernetzten. Dieses breite Anwendungsgebiet hat jedoch seinen Preis. Ein ERP-System erreicht oft nicht die Funktionstiefe einer dedizierten Software-Lösung, die nur einen bestimmten Bereich abbildet.

Vorsicht: die Integration von ERP und PDM hat ihre Tücken!

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Im Bereich Entwurf und Konstruktion kommt daher zusätzlich ein PDM-System zum Einsatz. Dabei handelt es sich um ein Dokumentenmanagement-System, das sämtliche Daten speichert und verwaltet, die im Rahmen der Produktentwicklung anfallen. Das umfasst zum Beispiel:

  • Stammdaten
  • Stücklisten
  • Produktstrukturdaten
  • Konstruktionszeichnungen
  • CAD-Modelle

Natürlich haben auch Spezial-Systeme ihre Nachteile. Sie decken zwar einen Teilbereich des Unternehmens hervorragend ab – aber eben nur diesen Bereich. Synergie-Effekte, die sich aus der Vernetzung mit anderen Abteilungen ergeben, bleiben ungenutzt. Zusätzlich führt der exzessive Einsatz unverbundener Software-Lösungen dazu, dass sich Inseln in der technischen Infrastruktur bilden: einzelne Teilsysteme, die ihre eigenen Aufgaben effizient erledigen, aber nur selten miteinander reden. Im Falle mangelnder Integration zwischen ERP und PDM ist das Ergebnis:

  • Zusätzlicher Zeitaufwand – Mitarbeiter müssen Konstruktionsdaten manuell zwischen beiden Systemen austauschen.
  • Fehler durch Redundanzen – Es schwirren verschiedene Versionen von Konstruktionsdaten umher, da keine Synchronisation stattfindet.
  • Reibungsverluste zwischen den Abteilungen – Es gibt kein Regel-Framework, das den Austausch von Daten koordiniert.

Daher ergibt es in jedem Fall Sinn, PDM- und ERP-System miteinander zu vernetzen.

Klären Sie offene Punkt schon vor der Implementierung

Bevor Sie sich an die eigentliche Integration wagen, sollten Sie jedoch einige Punkte beachten:

1. Wie sieht es auf der technischen Seite aus?

Die Verknüpfung von PDM- und ERP-System spielt sich zu einem hohen Grad auf der Ebene der Prozessmodellierung ab. Das heißt jedoch nicht, dass Sie die technische Seite vernachlässigen können. Es sind schon millionenschwere Projekte an unscheinbaren technischen Fehler gescheitert. Kümmern Sie sich also rechtzeitig darum, dass die technische Basis felsenfest steht, bevor Sie integrieren. Das betrifft zum Beispiel:

  • Domänen-Konfigurationen
  • Netzwerk-Berechtigungen
  • Server-Infrastrukturen
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Die perfekte Integration eines PDM in Ihr ERP will gut geplant sein.

2. Ist die Datenhoheit geklärt?

Wenn mehrere Unternehmensbereiche parallel auf einer gemeinsamen Datenbank arbeiten, ist es unerlässlich, Zugriffsrechte klar zu definieren. Wenn jeder alles bearbeiten oder sogar löschen darf, kommt es zum Chaos. Geben Sie stattdessen klare Richtlinien für den Dateizugriff vor. Unserer Erfahrung nach haben sich folgende Regeln in der Praxis bewährt:

  • Artikel, die im ERP-System angelegt werden, dürfen nur im PDM-System um ERP-fremde Attributen ergänzt werden. Das gilt natürlich auch umgekehrt.
  • Artikel, die nicht dem Austausch unterliegen (z. B. Büromaterial oder Betriebsstoffe) benötigt im Normalfall nur das ERP-System. Sie sollten im PDM-System nicht vorkommen.
  • Die Stücklistenhoheit liegt im PDM.
  • Arbeitspläne existieren nur im ERP.


3. Wie soll die Artikel-Urladung stattfinden?

Unter der Artikel-Urladung versteht man die Synchronisation relevanter ERP-Daten in das PDM-System. Dabei sind einige Grundfragen zu klären, die sich später nur noch schwierig ändern lassen. Daher sollten Sie die Artikel-Urladung frühzeitig durchdefinieren. Klären Sie Fragen wie:

  • Sollen Daten miteinander verknüpft werden (z. B. Konstruktionszeichnungen und Dokumentationen)?
  • Wer führt diese Verknüpfung durch – Sie oder Ihr Implementierungspartner?
  • Sollen Stücklisten von ERP nach PDM übernommen werden?
  • Wie lassen sich nicht-konstruktionsrelevante Artikel (z. B. Verpackung) herausfiltern?
  • Soll im ERP-System eine Artikelversionierung verwendet werden?
  • Im PDM System liegen verschiedene Revisionen einer Zeichnung vor. Der Teilestamm bleibt immer gleich. Wie möchte man was übergeben und verknüpfen?


4. Wie sind Artikelnummern definiert?

Die Systematik hinter der Artikelnummernvergabe hängt in erster Linie von Ihrer Organisation ab. Moderne ERP- und PDM-Systeme sind in der Lage, Artikel mit Tags zu versehen, die eine Suche erleichtern. So können Anwender zum Beispiel nach einer zwei Zentimeter langen, verzinkten Sechskantschraube suchen, ohne deren Artikelnummer zu kennen – die passenden Tags reichen völlig aus.

Allerdings haben nicht alle Unternehmen den Luxus, ihre Systematik an die Logik eines Software-Systems anzupassen. Wenn Sie sprechende Artikelnummern benötigen, sollten Sie deren Vergabe frühzeitig dokumentieren. Das gilt besonders dann, wenn ERP- und PDM-System verschiedene Nummernkreise führen (z. B. ERP-xxxx-xxxx und PDM-yyyy-yyyy). In dem Zusammenhang ergeben sich zwei Fragen:

  1. a.)Welches der beiden Systeme besitzt die Hoheit über den Nummernkreis?
  2. b.)Kann ein Artikel verschiedenen Nummernkreisen angehören?

Vorbereitung hilft auch bei der ERP-PDM-Integration

Wie Sie sehen, gibt es bei der Verknüpfung von ERP und PDM eine Menge zu beachten. Vielleicht haben Sie sich bereits in der Vergangenheit mit einigen dieser Fragen befasst oder die Antwort erscheint Ihnen offensichtlich. Nichtsdestotrotz hilft es ungemein, vor dem Start der Integration eine Checkliste durchzugehen. Denn all diese Aspekte werden im Laufe der Implementierung garantiert zur Sprache kommen – und dann sind Sie gezwungen, schnell eine Lösung zu finden. Sparen Sie sich den Ärger lieber.