Wenn Sie sich intensiv mit den Grundlagen der ERP-Einführung beschäftigen, ist Ihnen bestimmt schon die Masse an Warnungen aufgefallen: Überall lesen wir von Fehlern, die man vermeiden sollte, und Gründen, aus denen ERP-Projekte scheitern. Das klingt schon alles sehr negativ.

Natürlich haben solche Artikel und Blogbeiträge ihre Daseinsberechtigung. Es gibt durchaus Stolpersteine, die Sie als ERP-Entscheider kennen müssen, bevor Sie ein ERP-System einführen. Aber diese Hindernisse prägen nicht das Gesamtbild. Viele ERP-Einführungen laufen ohne größere Probleme ab und erreichen die Ziele, die sich das Unternehmen gesetzt hat.

Drehen wir die Perspektive also einmal um: Befassen wir uns nicht länger mit Fehlerquellen, sondern mit den Erfolgsfaktoren einer reibungslosen ERP-Einführung.

1. Ihr Change Management ist optimal ausgerichtet

Die technische Implementierung eines ERP-Systems ist an sich keine große Sache – am Ende des Tages handelt es sich dabei auch nur um eine Kombination aus Software und Hardware. Allerdings ist es mit der technischen Umsetzung alleine nicht getan. Sie können die weltbeste ERP-Lösung besitzen – aber wenn Ihre Mannschaft sich gegen das System sträubt, entfaltet es auch nicht sein volles Potential. Change Management ist daher einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren eines ERP-Projekts.

Im Rahmen der ERP-Einführung brechen Sie verkrustete Strukturen innerhalb des Unternehmens auf. Sie stellen Prozesse auf den Prüfstand und machen Zusammenhänge transparent. Oft fühlen sich Mitarbeiter von diesem Vorgehen bedroht. Sie fürchten sich davor, ersetzbar zu werden. Dadurch kommt es häufig zu Widerständen gegen die ERP-Einführung.

Unternehmen, die sich und ihre Mitarbeiter schon im Vorfeld auf diese Problematik vorbereiten, sind hier im Vorteil. Ignorieren Sie nicht einfach die Ängste und Sorgen Ihrer Kollegen. Seien Sie transparent. Kommunizieren Sie alles, was geschieht, an Ihre Mannschaft. Holen Sie Ihre Mitarbeiter frühzeitig an Bord. Dann haben Sie schon mal einen der wichtigsten Erfolgsfaktoren der ERP-Einführung abgehakt.

2. Die Geschäftsführung steht voll hinter dem ERP-Projekt

Wenn die Projektleitung den Rückhalt der Führungsetage genießt, haben Sie bereits einen wichtigen Schritt in Richtung Erfolg getan. Starke Projektleiter und Projektleiterinnen, die über ein eigenes Budget verfügen und (im definierten Maße) Abläufe innerhalb des Unternehmens ändern können, sind gute Voraussetzungen für jedes ERP-Projekt. Dafür müssen aber alle an einem Strang ziehen.

Das Vertrauen der Geschäftsführung in die Projektleitung bringt beiden Seiten Vorteile. Führungskräfte können beispielsweise Micro-Management-Aufgaben abgeben und sich auf das Tagesgeschäft konzentrieren. Detailentscheidungen trifft die Projektleitung eigenständig.

Die Projektleitung genießt wiederum eine starke Position im Umgang mit dem Projektteam und externen Partnern. Diese kommen gar nicht erst auf die Idee, Entscheidungen grundsätzlich zu hinterfragen oder sich über den Kopf der Projektleitung hinweg direkt an die nächste Instanz zu wenden. Das beugt Konflikten vor und senkt Reibungsverluste in der Kommunikation.

Sorgen Sie also dafür, das Geschäfts- und Projektleitung als Team zusammenarbeiten.

3. Ihre Zieldefinition ist klar, präzise und unmissverständlich

Bevor Sie sich an die ERP-Einführung wagen, müssen Sie erst einmal festlegen, was Sie erreichen wollen. Eine präzise Zielformulierung ist das A und O. Je genauer Sie Ihre Ziele kennen, desto besser können Sie darauf hinarbeiten.

Die Qualität der Zieldefinition spielt dabei eine entscheidende Rolle. Lasch formuliert schaffen Ziele keine Klarheit, sondern nur Verwirrung. Schwammige Zielvorgaben wie „den Umsatz steigern“ sind keine Entscheidungshilfe. Weder Ihr Projektteam noch Ihre externen Partner können daraus konkrete Anforderungen oder Vorgaben ableiten. Formulieren Sie Ihre Ziele also klar, präzise und unmissverständlich.

Im Zweifelsfall können Sie sich an der SMART-Systematik orientieren – einem Akronym, das fünf Kriterien für werthaltige Ziele definiert. Haben Sie dagegen Schwierigkeiten bei der grundlegenden Zielfindung, sollten Sie sich Greiners Wachstumsmodell einmal genauer ansehen. Es kann Ihnen dabei helfen, Ihre Ziele besser an Ihrer Unternehmensstrategie auszurichten.

Egal, wie sie letzten Endes aussehen – gut definierte Ziele sind ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der ERP-Einführung.

4. Der Funktionsumfang Ihres ERP-Systems passt genau zu Ihren Zielen

Den passenden Funktionsumfang festzulegen ist nicht ganz einfach. Viele Entscheider unterschätzen diese Aufgabe.

Auf der einen Seite soll das ERP-System ausreichend Funktionen mitbringen, um den gesamten Wertschöpfungsprozess abzudecken. Tut es das nicht, ist es wenig mehr als ein strukturierter Datenspeicher oder eine Organisationshilfe. Das passiert häufig, wenn Unternehmen erst einmal nur klein anfangen wollen und eine minimale ERP-Konfiguration einführen. Solch ein „ERP-System Light“ schafft es in der Regel nicht, sein volles Potential zu realisieren.

Auf der anderen Seite wollen Sie aber auch keine aufgeblähte ERP-Software, vollgepackt mit jeder Menge überflüssiger Features. Manche Entscheider wollen auf Nummer sicher gehen und schreiben alle nur vorstellbaren Funktionen als Anforderung in ihr Lastenheft – egal, ob sinnvoll oder nicht. Das führt wiederum dazu, dass Kosten und Umsetzungsdauer des ERP-Projekts massiv ansteigen.

Wenn Sie sich dagegen in der goldenen Mitte halten, sind Sie dem passenden ERP-System einen Schritt näher.

5. Sie haben ein ausgezeichnetes Projektteam zusammengestellt

Der Erfolg der ERP-Einführung hängt in hohem Maße von der Auswahl des passenden Projektteams ab. Eine erfahrene und kompetente Projektleitung, unterstützt von fähigen und motivierten Key-Usern, sorgt dafür, dass Ihr ERP-Projekt wie am Schnürchen läuft. Wenn Sie die falschen Personen für diese Position auswählen, fordern Sie Konflikte jedoch geradezu heraus.

Doch nicht jeder eignet sich für die Rolle der Projektleitung oder des Key-Users. Bei der Zusammenstellung des Teams ist also Fingerspitzengefühl gefragt. Der Auswahlprozess ist zwar individuell, aber es gibt ein paar Charaktereigenschaften, auf die Sie achten sollten.

Für die Projektleitung suchen Sie jemanden, der das gesamte Unternehmen im Blick hat und nicht nur seine eigene Abteilung. Schließlich soll das ERP-System alle Bereiche gleichermaßen voranbringen. Darüber hinaus ist Personalführung ein wichtiger Faktor. Sie wollen jemanden in dieser Position, der mit sanfter Hand führt, aber auch durchgreifen kann.

Als Key-User suchen Sie vor allem Personen, die viel Erfahrung und Kompetenz mitbringen – Personen, die ihren eigenen Aufgabenbereich voll durchdrungen haben. Darüber hinaus gilt wie bei der Projektleitung: Weitsicht und ein Blick über den Tellerrand sind exzellente Eigenschaften für Key-User.

Ein Projektteam, das aus solchen Personen besteht, bietet optimale Voraussetzungen für eine erfolgreiche ERP-Einführung.

Der Mensch ist wichtiger als die Technik

Wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist, hat keiner der vorgestellten Erfolgsfaktoren etwas mit der ERP-Software an sich zu tun. Das ist kein Zufall. Unserer Erfahrung nach hängt der Erfolg der ERP-Einführung so gut wie nie von der Technik ab – der Mensch ist das schwache Glied. Fehlende Organisation, schlecht definierte Ziele und Widerstände der Mitarbeiter führen viel öfter zu gescheiterten ERP-Projekten als Software-Bugs oder inkompatible Hardware.

Daher unser Tipp an Sie: Bringen Sie Ihre Organisation auf Vordermann, bevor Sie sich an die ERP-Einführung wagen. Legen Sie fest, was Sie mit dem ERP-System erreichen wollen, wählen Sie das passende Projektteam und holen Sie Ihre Mitarbeiter rechtzeitig an Bord. Dann kann (fast) nichts mehr schiefgehen.

Wenn Sie die Stolpersteine kennenlernen wollen, die Ihnen trotzdem Probleme bereiten können, dann könnte Sie unser Whitepaper „Die 8 Todsünden eines ERP-Projekts“ interessieren. Ergänzend zu den hier genannten Erfolgsfaktoren stellt es all die Stolpersteine der ERP-Einführung vor.