Lieferketten haben sich globalisiert. Dieser Prozess wurde durch die Industrie 4.0 noch verstärkt. Denn die sogenannte vierte industrielle Revolution zeichnet sich durch Individualisierung (selbst in der Serienfertigung) bzw. Hybridisierung der Produkte (Kopplung von Produktion und Dienstleistung) und die Integration von Kunden und Geschäftspartnern in Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse aus (Gabler Wirtschaftslexikon). Um effiziente und zuverlässige Lieferketten aufzubauen, ist das synergetische Wirken von Industrie 4.0 mit dem Einsatz einer ERP-Lösung sinnvoll. Ein Teil der Risiken kann so besser ausbalanciert werden.

Zwei kurze Beispiele sollen typische Herausforderungen in den globalen Lieferketten zeigen. An ihnen lässt sich konkret demonstrieren, wie das Zusammenspiel von Industrie 4.0 und ERP diese gezielt unterstützt.

Unvorhersehbare Herausforderungen von Lieferketten: das Beispiel Suezkanal

Im März 2021 havarierte das Containerschiff „Ever Given“ im Suezkanal und blockierte die Durchfahrt für Tage. Globale Lieferketten standen komplett still − mit weitreichenden Folgen. Denn viele Unternehmen waren darauf gänzlich unvorbereitet gewesen. In den meisten Fällen konnten weder der Umfang der Lieferverzögerungen noch die Langzeitfolgen eingeschätzt werden.

Unwägbarkeiten als dauerhafte Probleme: das Beispiel Chip-Knappheit

Seit 2020 sind Mikrochips Mangelware. In Deutschland sind insbesondere Autokonzerne betroffen, die infolgedessen Kurzarbeit beantragen mussten. Die Gründe für die Knappheit sind vielfältig − sie reichen von der Pandemie über eine mangelnde Rohstoffproduktion bis zur steigenden Konkurrenz. Die entsprechenden Lieferketten funktionieren nicht, sind aber global alternativlos. Im April 2021 machte sich deshalb US-Präsident Joe Biden dafür stark, dass die Chip-Lieferketten robuster und unabhängiger vom asiatischen Markt werden müssten.

Die Lösung: Industrie 4.0 im Zusammenspiel mit ERP

Die Beispiele zeigen zwei Herausforderungen in der Verwaltung von Lieferketten, dem sogenannten Supply Chain Management. Erstens mangelt es den Unternehmen an Informationen, wenn es zu Problemen bei den Zulieferern kommt. Zweitens gibt es in vielen Fällen keine bekannten Alternativen. Diese Schwierigkeiten beeinflussen sich gegenseitig − mangelnde Informationen erschweren die Suche nach Ausweichoptionen.

„Moderne ERP-Systeme nutzen die Möglichkeiten des IOT (Internet of things) im Zusammenspiel mit KI (künstliche Intelligenz).“

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Dabei kommunizieren die Maschinen beispielsweise den Materialienbedarf, die Verarbeitungsgeschwindigkeit und ähnliche Daten an das ERP als „Unternehmenscockpit“.

Im ERP werden die entsprechenden Bestellungen verwaltet. Zu ihnen lassen sich auch die Tracking-Daten aus der Lieferkette implementieren. Bedarf, Materialbestand und Bestellungen können so leicht abgeglichen werden. Das ERP-System stellt also die nötigen Informationen zur Verfügung, um auf Probleme reagieren und effiziente sowie zuverlässige Lieferketten aufbauen zu können.

Beispiele für das synergetische Wirken von Industrie 4.0 und ERP auf Lieferketten

  • MES
  • Integration von Partnern mittels EDI
  • Lieferportale als schnelle Informationslieferanten
  • MRP I (Materials Requirements Planning) und MRP II (Manufacturing Resource Planning)
  • PRPS (Produktions- und Recyclingsplanung und -steuerung)

MES

Das MES liefert dem Unternehmen valide und aktuelle Daten aus dem Produktionsablauf, z.B. von Produktionsmaschinen, die über eine MDE Schnittstelle mit dem ERP verbunden sind. Dies ermöglicht eine Produktionsplanung mit Echtdaten und verkürzten Durchlaufzeiten. Zusätzlich befähigt das MES auch zu schnellen Reaktionen bei Materialabweichungen.

Integration von Partnern mittels EDI

Kunden fordern kurze Lieferzeiten und immer individuellere, auf sie zugeschnittene Produkte. So bieten Hersteller in der Automotive Branche individuell konfigurierbare Fahrzeuge an, die mit zahlreichen Sonderfunktionen ausgestattet werden können.

Zulieferer erfahren per EDI, welcher Bedarf zu liefern ist und müssen entsprechend planen oder warnen. In die Gegenrichtung erfahren Unternehmen frühzeitig, ob Probleme auftreten können.

Lieferportale als schnelle Informationslieferanten

Im Vergleich zu einzelnen Zulieferern bieten Lieferportale in der Regel zusätzliche Informationen für ihre Kunden. Tracking entlang der gesamten Lieferstrecke ist beispielsweise möglich. Zudem können sie oft Alternativen bereitstellen, falls sich bestimmte Bestellungen verzögern oder zu lange dauern.

ERP Industrie 4.0
Über Lieferportale können Produzenten Ihre Zulieferungen über die ganze Lieferkette verfolgen

MRP I & II

Grundsätzlich bieten sich zwei Konzepte im Zusammenspiel des Supply Chain Managements mit ERP-Systemen in der Industrie 4.0 an: das Material Requirements Planning (MRP I) und das Manufacturing Resource Planning (MRP II). Gemeint sind die gezielte Planung des Materialbedarfs auf der einen Seite und die des Ressourcenbedarfs auf der anderen Seite.

PRPS

Das primäre Ziel der Produktions- und Recyclingsplanung sowie -steuerung besteht darin, Lieferketten zu entlasten. Durch Recyclingsplanung und einer entsprechenden Steuerung kann in der eigenen Fertigung möglichst viel Material zurückgewonnen werden. Hierfür können Unternehmen auch gebrauchte Produkte heranziehen.

Apple fertigt beispielsweise einen Teil seiner Macbook-Reihe aus den Materialien von gebrauchten Maschinen. Allein 2018 nutzte das Unternehmen 48.000 Tonnen neu aufbereitete Fertigungsteile.

ERPs eignen sich für die nötigen Planungen. Im Rahmen der Industrie 4.0 wird schon während der Demontage erfasst, was sich weiterverwenden lässt.

Fazit: Industrie 4.0 und ERP bieten unverzichtbare Informationen für das Lieferketten-Management

Effiziente und zuverlässige Lieferketten können nur durch ausreichende Informationen aufgebaut werden. Die Industrie 4.0 und ERP-Systeme bieten die Möglichkeit, diese gemeinsam zu liefern und auszuwerten. Sie müssen allerdings auf dieses Zusammenspiel ausgerichtet werden. Idealerweise gilt dies für das gesamte Business Network. Damit auch die digitale Transformation des Lieferketten-Managements gelingt, sollten also auch Partner eingebunden werden.

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