Spätestens seit dem EU Green Deal ist klar: Die Wirtschaft soll und muss nachhaltiger werden. Deutsche Unternehmen spüren den politischen Druck bereits, etwa durch den CO₂-Zertifikatehandel, durch mehrere Gesetze und vielfach bereits durch Kundenanforderungen. Wie schaffen es Mittelständler, die Standards praktisch umzusetzen und die Vorgaben zu erfüllen?

Das ERP-System spielt eine Schlüsselrolle bei diesem Vorhaben. Seine Funktionen unterstützen Nachhaltigkeit in Unternehmen auf mehreren Ebenen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche das sind – und wie Sie letztlich als Unternehmen wirtschaftlich davon profitieren.

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Welche Gesetze sind für den Mittelstand relevant? Unser Experte gibt einen verständlichen Überblick zu Themen wie Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz, ESG, CSR-D und EU-Taxonomie.

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Was bedeutet Nachhaltigkeit für Unternehmen?

Auch Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, wollen Profite erzielen. Dabei achten sie jedoch gezielt darauf, Umwelt und Menschen nicht zu schädigen und die Lebensgrundlagen für kommende Generationen zu erhalten. Bei Nachhaltigkeit geht es nicht um Einzelmaßnahmen, sondern um bewusstes Handeln in allen Bereichen. Zur Einordnung sind die drei Kategorien E-S-G vom Gesetzgeber vorgeschrieben:

  • Umwelt (Environmental): Natur und natürliche Ressourcen schützen
  • Soziales (Social): Interessen der Arbeitnehmenden und der Gesellschaft insgesamt berücksichtigen
  • Unternehmensführung (Governance): transparentes, gesetzeskonformes Handeln

Einzelne Ziele und Aspekte von nachhaltiger Wirtschaft sind unter anderem in der Agenda 2030 der UN, dem EU Green Deal sowie in nationalen und EU-weiten Gesetzen definiert.

Warum Sie Wert auf Nachhaltigkeit legen sollten

Unabhängig davon, ob Ihr Unternehmen eine Philosophie der Nachhaltigkeit verfolgt oder nicht: Sie müssen sich mit dem Thema auseinandersetzen. Zuerst sollten Sie gesetzliche Vorschriften erfüllen; diese beschränken sich momentan weitgehend auf Berichtspflichten. Verschärfte Gesetze und Mindeststandards sind für die nächsten Jahre beschlossen, weitere in Vorbereitung.

Zwar treffen die Gesetze momentan nur größere Unternehmen. Doch die meisten Hersteller erwarten von allen Zulieferern, die Standards einzuhalten. Auch von kleineren.

Viele Nachhaltigkeitsziele sind zudem in Ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse. Sparsam mit Ressourcen umzugehen hilft Ihnen, Kosten zu sparen und weniger abhängig von Lieferanten zu sein. Bessere Arbeitsbedingungen für Ihre Mitarbeitende werden sich positiv auf ihre Produktivität und Innovationskraft auswirken. 

Investoren, bestimmte Käufergruppen und Arbeitnehmende legen zunehmend Wert auf nachhaltiges Handeln. Für Unternehmen, die sich entsprechend aufstellen, ergeben sich Wettbewerbsvorteile.

So unterstützt das ERP-System Mittelständler in Bezug auf Nachhaltigkeit

Das ERP-System ist die Steuerungszentrale Ihres Unternehmens. Deshalb überrascht es nicht, dass es bei Ihren Nachhaltigkeitszielen eine tragende Rolle spielt. Es unterstützt sie bei den zuvor genannten Aufgaben:

  • Es reduziert den bürokratischen Aufwand, um Ihren Berichts- und anderen gesetzlichen Pflichten nachzukommen.
  • Es unterstützt Sie dabei, nachhaltiger und effizienter zu werden: Ihren Ressourcenverbrauch zu senken und Ihre Produktionsbedingungen zu verbessern.

Welche Fähigkeiten des ERP-Systems sind dabei konkret nützlich?

Die momentan wichtigste Kennzahl ist der CO₂-Fußabdruck des Unternehmens.

Nachhaltigkeitsbericht erstellen

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet Unternehmen, jährlich einen Nachhaltigkeitsbericht („nicht-finanzielle Erklärung“ oder  „ESG-Reporting“) zu veröffentlichen. Darin müssen sie erklären, wie sie die ESG-Aspekte in ihren Aktivitäten berücksichtigen und wie diese davon beeinflusst werden. Aktuell gilt die Pflicht nur für große, börsennotierte Unternehmen. Doch die Unternehmensgröße, die zum Reporting verpflichtet ist, wird von Jahr zu Jahr kleiner. Ab dem Berichtsjahr 2025 sind auch Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter*innen zum Reporting  verpflichtet.

Das ERP-System reduziert den Aufwand für die Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts zum Jahresabschluss erheblich. Die Daten werden im laufenden Betrieb nachvollziehbar gesammelt. Für den Bericht können sie auf Knopfdruck strukturiert und in einem maschinenlesbaren Format exportiert werden. Der Bericht selbst wird in einer separaten Reporting-Lösung erstellt. 

Die momentan wichtigste Kennzahl ist der CO₂-Fußabdruck des Unternehmens. Auch für den Bereich Soziales kann das ERP-System (mit einem HR-Modul) Kennzahlen liefern: etwa zur Geschlechterquote und zu gleichwertiger Bezahlung, zu Fluktuation und Krankenstand.

Lieferkettengesetz umsetzen

Unternehmen sind verpflichtet, auf die Einhaltung der ESG-Kriterien in der gesamten vorgelagerten Lieferkette zu achten und gegen Verstöße vorzugehen. Darüber müssen sie Bericht erstatten. Ab 2024 trifft diese Verpflichtung aus dem Lieferkettensorgfaltsgesetz (LkSG) alle Betriebe mit mehr als 1.000 Mitarbeiter*innen. 

Diese Pflichten stellen hohe Anforderungen an Ihr Lieferantenmanagement: Sie stehen dafür gerade, dass bei allen Zulieferern etwa die Menschenrechte und geltende Umweltgesetze beachtet werden. Dafür müssen sie Chargen bis zur Materialquelle zurückverfolgen können. Sie benötige entsprechende Erklärungen und Nachweise der Lieferanten.

Wie setzen Sie Ihr ERP-System dabei ein? Bewerten Sie, wie kritisch bestimmte Lieferketten sind. Fordern Sie die nötigen Dokumente von den betreffenden Lieferanten an. Mit der Dokumentenmanagement-Funktion des ERP-Systems ist dieser Aufwand viel leichter und ohne Papierchaos zu schaffen.

Zunächst erstellen Sie Vorlagedokumente (Fragebögen, o. Ä.). Diese versenden sie per Serien-Mail. Die ausgefüllten und zurückgesandten Dokumente werden automatisch unter der Lieferantennummer abgelegt. So sind sie immer auffindbar. Per Regel können Sie definieren, wann zusätzliche Aktionen nötig sind: etwa wenn Daten fehlen oder es sich um besonders kritische Fälle handelt. Sie können automatisierte Nachrichten verschicken, wenn Erklärungen aktualisiert werden müssen.

Produktbezogenen CO₂-Fußabdruck berechnen

Manche Abnehmer fordern die Angabe eines produktbezogenen CO₂-Fußabdrucks, etwa für eine Maschine: also die gesamten Emissionen über die Lebensdauer hinweg, bei Herstellung, Betrieb und Entsorgung. Die herstellungsbezogenen Daten können dem ERP-System entnommen und automatisch berechnet werden. Dafür müssen in Stücklisten und Arbeitsplänen die geschätzten CO₂-Werte eingetragen werden. Oder Sie messen mithilfe eines MES-Systems direkt die Verbräuche an den Maschinen und ordnen sie den einzelnen Fertigungsaufträgen zu.

Embargo-Prüfung durchführen

Zum Bereich Governance gehört auch die Einhaltung von Handelsembargos. Binden Sie Ihr ERP-System an aktuelle Sanktionslisten an. Dann können Sie mit einem Klick prüfen, ob ein Auftrag unter ein Embargo fällt oder nicht.

Cleverer arbeiten durch digitale Prozesse

Allein durch den Einsatz einer ERP-Software können Sie Ihre Arbeits- und Produktionsbedingungen nachhaltiger machen: indem Sie analoge Prozesse und manuelle Arbeiten digitalisieren. Durch digitale Kommunikation sparen Sie Papier, Druckerfarbe, Kuverts (und Portokosten). Fahrten von Lieferdiensten können eingespart werden. Sie benötigen keine Räume mehr für Archive voller Aktenordner.

Digitale Zusammenarbeit ermöglicht ortsunabhängiges Arbeiten. Sie können Ihren Mitarbeiter*innen Homeoffice-Regelungen bieten. Auch dadurch werden Büroräume und Pendelfahrten eingespart – beides senkt wiederum die CO₂-Emissionen. Flexible Arbeitsmodelle erhöhen außerdem die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeitenden.

Natürlich verbraucht auch ein ERP-System Energie und weitere Ressourcen. Durch verschiedene Maßnahmen können Sie den ökologischen Fußabdruck stark verkleinern: Betreiben Sie Ihre Rechenzentren mit grünem Strom und setzen Sie auf stromsparende Hard- und Software. Vermeiden Sie doppelt betriebene Lösungen und Datenbanken. Löschen Sie regelmäßig Daten, die Sie nicht mehr benötigen.

Ressourcen sparen durch ERP-Funktionen

Verschiedene Funktionen Ihres ERP-Systems unterstützen Sie dabei, Ihre Ressourcen besser auszunutzen: weniger Material und Strom zu verbrauchen, weniger Müll zu verursachen und unnötige Arbeitsschritte einzusparen. 

Produktion

Durch genauere Fertigungssteuerung reduzieren Sie Überproduktionen und Ausschuss. Sie lasten Ihre Maschinen besser aus und vermeiden Leerlaufzeiten, in denen nutzlos Energie verbraucht wird.

Statt wertvolle Nebenprodukte zu entsorgen, verwenden Sie diese weiter: etwa Abwärme, Schlacken oder Späne. ERP-Funktionen für die Kuppelproduktion machen es möglich. Vielleicht ergibt sich sogar ein neues Geschäftsmodell daraus.

Durch Verschnittoptimierung erzielen Sie maximale Ausbeute aus Materialien und Bauteilen. Die Funktion (in unserer Lösung APplus) deckt sowohl Stangen, Platten als auch dreidimensionale Teile in anderen Formen ab.

Mit Predictive Maintenance optimieren Sie auch Ihre Maschinenwartung. Bauteile und Betriebsstoffe werden nicht zu früh ausgetauscht und entsorgt, sofern sie noch gut sind. Planen Sie Wartungszyklen im Voraus und optimieren Sie die Routen der Servicetechniker. So werden unnötige Reisen vermieden.

Einkauf und Logistik

Durch ERP-Funktionen zur Materialbedarfsplanung können Sie vorausschauend bestellen: exakt so viel, wie Sie benötigen, und wann Sie es benötigen. Sie müssen keine überschüssigen Bestände lagern oder sogar entsorgen. Auf zusätzliche Lieferungen für dringende Bestellungen können Sie verzichten.

Bei der Auswahl Ihrer Lieferanten können Sie Nachhaltigkeitskriterien in Ihre Entscheidung einbeziehen. Bevorzugen Sie Lieferanten mit kurzen Lieferwegen oder Produkte mit geringem CO₂-Fußabdruck. Hierzu können Sie Ihr ERP-System an eine CO₂-Datenbank anschließen.

Kundenservice, Vertrieb

Optimieren Sie die Routenplanung Ihrer Mitarbeitenden im Außendienst von Service oder Vertrieb. Das spart Reisekilometer, Benzin und reduziert den Verschleiß an Straßen und Fahrzeugen – und den Stress Ihres Teams. .

Fazit

Selbst wenn Sie gesetzlich nicht dazu verpflichtet sind, lohnt es sich, Nachhaltigkeitsstandards einzuhalten. Sei es, um lukrative Lieferverträge zu bekommen, sich im Wettbewerb zu positionieren oder Kosten zu sparen. 

Ohne ein geeignetes ERP-System wird es schwierig: Nur durch digitale Prozesse lässt sich der bürokratische Aufwand in Grenzen halten. Zudem macht es die Software möglich, nachhaltig und profitabel zu arbeiten und sich so zukunftsfähig aufzustellen. Voraussetzung: Ihr ERP-System bringt die geforderten Fähigkeiten mit. Sofern ein Systemwechsel bei Ihnen ansteht, beziehen Sie die beschriebenen Aspekte in Ihren Auswahlprozess ein.

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