In den meisten Fällen spielt sich die Einführung eines ERP-Systems nach einem bestimmten Schema ab: Im Rahmen von Workshops tragen Anbieter und Kunde gemeinsam die wichtigsten Informationen über alle Geschäftsabläufe des Kundenunternehmens zusammen. Basierend auf diesem Wissen passt der Anbieter anschließend seine Software an die Bedürfnisse des Kunden an und beginnt im nächsten Schritt damit, die Key-User im Umgang mit dem System zu schulen.

Grundsätzlich ist dieses Vorgehen durchaus sinnvoll. Denn der ERP-Anbieter erhält auf diese Weise eine ganze Reihe an Informationen, die für die Anpassung seines Systems von entscheidender Bedeutung sind. Zum Beispiel über spezifische Abläufe, die im ERP-System geregelt sein müssen, die benötigte Konfiguration und die technische Umsetzung. Nicht zuletzt erhält er auf diesem Weg auch allgemeine Informationen über das Kundenunternehmen an sich und dessen spezifische Geschäftsprozesse. Zumindest ist das die Theorie.

In der Praxis ist dieses Vorgehen aber nicht immer ideal. Häufig ist es so, dass der ERP-Anbieter seine Software anhand unvollständiger Informationen konfigurieren muss. Denn seine Kunden haben oftmals wenig oder gar keine Erfahrung mit ERP-Systemen. Dementsprechend schwer fällt ihnen die Einschätzung, welche Informationen für den Anbieter von Bedeutung sind und welche nicht. Zumal viele Unternehmen ihr Wissen über die internen Prozesse und Abläufe noch nie strukturiert zusammengefasst haben.

Die Mitglieder brauchen Zeit, um sich dem ERP-Projekt in geeignetem Maße widmen zu können. Daher sollten Sie auf jeden Fall sicherstellen, die Projektbeteiligten frühzeitig von ihren Standardaufgaben zu entlasten.

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Die Folge: Lückenhafte Vorgaben, die anschließend als Basis für die konkrete Ausgestaltung des neuen Systems dienen. Das wiederum führt dazu, dass es eine Weile dauert, bis das System auf die gewünschte Weise funktioniert. Oft verfügt der Kunde erst Monate nach dem Produktivstart über ein System, das ihm die gewünschten Vorteile und Erleichterungen bringt.

Ein Kernteam beteiligt sich an der Umsetzung

Gerade ERP-unerfahrene Unternehmen stehen häufig vor diesen Herausforderungen, denn ihnen fehlt die notwendige Prozessroutine. Es gibt allerdings Einführungsformate, die darauf abzielen, von Anfang an ERP-Wissen beim Kunden aufzubauen. Ein Beispiel hierfür ist die sogenannte „schulende Einführung“. Sie basiert darauf, die Mitarbeiter des Kundenunternehmens ab dem ersten Tag des Einführungs-Prozederes in die Entwicklung des ERP-Systems miteinzubeziehen:

Die Kunden stellen dafür eine Gruppe von Mitarbeitern ab, die sich an der Konfiguration des Systems von Beginn an beteiligen. Diese Mitarbeiter bilden zwei Projekt-Teams: Ein Prozess-Team, das Abläufe im ERP-System erstellt und Prozesse dokumentiert, und ein Technik-Team, das sich um Administration und Reporting kümmert. Je nach Projektgröße kann es aber auch Überschneidungen dieser Aufgaben geben. Die Mitglieder beider Teams werden ab einem sehr frühen Zeitpunkt darin geschult, wie die ERP-Lösung aufgesetzt wird, und können sie dadurch nach ihren eigenen Vorstellungen (bzw. den Vorstellungen des Unternehmens) gestalten. Sie sind also diejenigen, die den Prototypen des späteren Systems gemeinsam mit dem Anbieter erstellen. Bei Support-Bedarf wenden sich beide Teams an den Anbieter und nehmen weitere Beratungs- oder Schulungsangebote in Anspruch.

Anders als bei klassischen Formaten bietet die schulende Einführung den Vorteil, dass der Kunde unmittelbar an der Installation und Konfiguration der ERP-Lösung beteiligt ist. Die Mitglieder beider Kern-Teams arbeiten wesentlich enger als üblich mit dem ERP-Partner zusammenarbeiten und machen sich von Anfang an intensiv mit der Software vertraut. Dadurch können sich Kunde und Anbieter auf dem gleichen Level über das System und seine Möglichkeiten verständigen. Und selbstverständlich wissen die Mitglieder der Kern-Teams wesentlich besser über die unternehmensspezifischen Anforderungen an das System Bescheid, als dies der erfahrenste ERP-Anbieter jemals könnte. Dementsprechend können sie auch eventuelle Schwierigkeiten ihrer Kollegen vorhersehen und frühzeitig in die ERP-Einführung mit einfließen lassen.

text img Schulende ERP Einfuehrung

Die schulende Einführung basiert darauf, die Kunden ab dem ersten Tag der Einführung in die Entwicklung des ERP-Systems zu integrieren.

Aus diesem Grund führt die schulende ERP-Einführung nach unserer Erfahrung zu Ergebnissen, die sämtliche Anforderungen des Kundenunternehmens schneller erfüllen als bei „klassischen“ Einführungsprozessen. Dazu bietet dieses Modell noch einige weitere interessante Vorteile:

Finanzielle Entlastung:

Der Einführungsprozess gestaltet sich für den Kunden wesentlich preisgünstiger. Zumindest, was die externen Kosten betrifft. Schließlich ist der ERP-Anbieter in diesem Modell weniger stark in den Konfigurierungsprozess eingebunden.

Mehr Transparenz:

Das Kundenunternehmen wickelt bei der schulenden ERP-Einführung Teile der Einführung über seine eigenen Ressourcen ab. Das erhöht die Transparenz bei der Planung und Durchführung des ERP-Projektes enorm.

Budgetsicherheit:

Kunden haben jederzeit volle Kontrolle darüber, welche Arbeiten wann stattfinden, da sie unmittelbar an der Durchführung beteiligt sind. Das schafft zusätzliche Budgetsicherheit.

Wissen bleibt im Unternehmen:

Bei der schulenden ERP-Einführung sind Mitarbeiter des Kundenunternehmens sehr stark an der Systementwicklung beteiligt. Dadurch werden sie über einen längeren Zeitraum darin geschult, wie sie mit der ERP-Software ein Szenario abbilden und Konfigurationen durchführen. Dadurch bauen sie viel Wissen darüber auf, wie sie das ERP-System im Bedarfsfall optimieren können. Dieses systemspezifische Wissen verbleibt auch nach dem Einführungsprozess im Unternehmen – anders als bei klassischen Modellen, bei denen Kundenunternehmen stärker von einem ERP-Anbieter abhängig sind.

Für wen eignet sich die schulende ERP-Einführung?

Mit Blick auf diese Vorteile fragen Sie sich vermutlich, ob die schulende ERP-Einführung auch für Ihr Unternehmen geeignet ist. Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob Sie über geeignete Mitarbeiter verfügen, die das Projekt intern betreuen können:

  • Diese Mitglieder des Prozess-Kernteams müssen zum einen über ausreichend Wissen zu den Prozessen und Abläufen in Ihrem Haus verfügen. Zum anderen brauchen sie intern genug Entscheidungsbefähigung, um eventuell veränderte und optimierte Abläufe vertreten und durchsetzen zu können.
  • Die Mitglieder des Technik-Kernteams müssen dagegen ein grundsätzliches technisches Verständnis sowie Kenntnisse in SQL mitbringen.

Und natürlich gilt für beide Teams: Die Mitglieder brauchen Zeit, um sich dem ERP-Projekt in geeignetem Maße widmen zu können. Daher sollten Sie auf jeden Fall sicherstellen, die Projektbeteiligten frühzeitig von ihren Standardaufgaben zu entlasten.

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