In einem ERP-Projekt arbeiten Sie und Ihr Dienstleister über mehrere Monate hinweg intensiv an der Einführung der Unternehmenssoftware. Kommt es hierbei zu Problemen, behindert das den Fortschritt der Implementierung nicht unerheblich. Daher sollten Sie bereits im Vorfeld nachfragen, mit welchem Team der Anbieter die ERP-Einführung gestalten will.

Die meisten ERP-Anbieter führen ein Implementierungsprojekt auf eine der folgenden drei Arten durch:

Möglichkeit I: Die One-Man/Woman-Show

Manche Systemanbieter übertragen das gesamte ERP-Projekt (Beratung, Konzeption und Begleitung der operativen Umsetzung) einer einzelnen Person. Punktuell erhält diese Person zwar Unterstützung von Fachexperten (z. B. bei modulspezifischen Fragen oder Anpassungsprogrammierung), aber den Großteil des Projekts führt sie alleine durch.

Der Vorteil dieser Herangehensweise ist ein sehr geringer Abstimmungsaufwand. Der Kunde hat einen festen Ansprechpartner, der über alle konzeptionellen und technischen Aspekte Bescheid weiß. Es gibt keine Verzögerungen oder Missverständnisse durch interne Abstimmungen des Anbieters. Die Zusammenarbeit mit dem Kunden ist schnell und unkompliziert.

Der Nachteil ist fehlende Redundanz. Der Erfolg des ERP-Projekts steht und fällt mit einer einzigen Person. Wenn diese krankheitsbedingt ausfällt oder sich für eine berufliche Veränderung entscheidet, wird es für ihre Kolleginnen und Kollegen schwierig, sich in das Projekt einzuarbeiten. Dann verzögert sich der GoLive schnell um einige Wochen. Auch nach dem Abschluss der ERP-Einführung bleibt ein Risiko, denn im Zweifelsfall steht niemand mehr zur Verfügung, der an dem Projekt beteiligt war.

Das Projektteam auf Anbieterseite hat großen Einfluss auf den Erfolg der ERP-Einführung. Also gut hinhören, wenn der Dienstleister seine Mannschaft vorstellt!

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Möglichkeit II: Der Bus voller Spezialisten

Andere ERP-Anbieter setzen auf große Consulting-Teams mit 20 oder mehr hochspezialisierten Modulberaterinnen und -beratern. Die Leitung übernimmt eine Person, die sich fast ausschließlich auf Planung und Controlling konzentriert. Diese Person hält auch den Kontakt zum Kunden. In der Regel werden die Teams aus einem Pool gebildet und setzen sich für jedes Projekt neu zusammen.

Solche Spezialisten-Teams bringen eine Menge Know-how mit, was wiederum dem Kunden zugutekommt. Die ERP-Einführung wird seltener von fachlichen Problemen verzögert. ERP-Beraterinnen und -Berater, die sich permanent mit nur einem Fachbereich befassen, finden auf Fragen in ihrem Spezialgebiet schneller eine Antwort als universell geschulte Generalisten.

Dazu hat der ERP-Anbieter mehr Flexibilität im Umgang mit personellen Ausfällen. In Krankheitsfällen ist die Einarbeitungszeit für die Vertretung überschaubar, da sich die Modulberaterinnen und -berater nur mit ihrem eigenen Fachbereich vertraut machen müssen, nicht mit dem gesamten Projekt.

Aus Kundensicht kann jedoch der hohe Abstimmungsaufwand zum Problem werden. Häufig gibt es niemanden im Projekt-Team des ERP-Anbieters, der fachübergreifende Fragen beantworten kann. Für jedes Modul ist eine andere Person zuständig und die Projektleitung ist eher koordinierend tätig. Komplexe, bereichsübergreifende Fragen werden schnell zur Odyssee.

Möglichkeit III: Feste Team-Strukturen als Mittelweg

Nach unserer Erfahrung ist ein Mittelweg am sinnvollsten: Feste Berater-Teams auf Anbieterseite, die langfristig zusammenarbeiten. Die Idee dahinter ist, dass diese Teams in (fast) immer gleicher Konstellation für die Durchführung einer ERP-Einführung verantwortlich sind. Nach diesem System setzen wir auch unsere eigenen Projekte auf.

Jedes Consulting-Team beinhaltet alle Spezialisten, die für ein ERP-Projekt benötigt werden. Obwohl alle laufenden Projekte regelmäßig im Team besprochen werden, kommen nicht alle Mitglieder zum Einsatz. Meistens ist nur eine Teilgruppe für ein Projekt verantwortlich:

  • In kleineren Projekten besteht das Team aus der Projektleitung (zuständig für Beratung und Koordination), einer Stellvertretung und ein bis zwei Entwicklerinnen oder Entwicklern für Anpassungsprogrammierung. Im Bedarfsfall kommen weitere Spezialisten für einzelne Module hinzu (z. B. für die Finanzbuchhaltung).
  • In größeren Projekten wird die Rolle der Projektleitung aufgeteilt. Eine Person ist nur für das Projektmanagement zuständig, während sich zwei bis drei ERP-Consultants um die fachliche Beratung und Betreuung kümmern. Hinzu kommen Spezialisten für einzelne Module und Anpassungsprogrammierung.

ERP-Projektteams sind mit diesem System flexibel skalierbar. Personelle Ausfälle lassen sich unkompliziert ausgleichen, da jedes Team-Mitglied über alle aktiven Projekte Bescheid weiß und nach kurzer Einarbeitungszeit anfangen kann. Dank des regelmäßigen Informationsaustauschs und relativen kleinen Teams entsteht keine Überspezialisierung. Die Projektleitung kann den Kunden daher auch auf fachlicher Ebene beraten und ist Ansprechpartner für alle Fragen – nicht nur während des Projektes, sondern auch noch lange danach.

Die Beratermannschaft des Anbieters begleitet im Laufe der Jahre eine Vielzahl an ERP-Projekten. Aufgrund dieser Erfahrung fällt es ihr leichter, mögliche Synergieeffekte zu identifizieren und im Rahmen der ERP-Einführung zu nutzen. Hierfür kennen feste Berater-Teams in der Regel sinnvolle Lösungen, die sie bereits in anderen Kundenprojekten gemeinsam umgesetzt haben.

Auch die Tatsache, dass eine Entwicklerin oder ein Entwickler das ERP-Projekt durchgehend begleitet, hat Vorteile. Viele ERP-Anbieter lassen technische Anpassungen von unterschiedlichen Personen durchführen (wer gerade verfügbar ist), die sich immer erst ein Bild der Situation verschaffen müssen. Das kann zu Verzögerungen führen. Auch nach Projektabschluss besteht ein Risiko, denn die IT des Kunden kann kaum nachvollziehen, wer welche Anpassungen vorgenommen hat. Feste Projektteams haben dieses Problem nicht.

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Die Berater-Struktur eines ERP-Anbieters wirkt sich maßgeblich auf den Projekterfolg aus.

Zusammengefasst

Das Projekt-Team des ERP-Anbieters ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Systemeinführung und sollte bei der Anbieterauswahl zur Sprache kommen. Kleine Unternehmen bekommen es oft mit sehr kompakten Consulting-Teams oder einzelnen ERP-Experten zu tun und müssen bei Personalausfall Verzögerungen hinnehmen. Größere Kunden treffen dagegen häufig auf umfangreiche Consulting-Mannschaften, die mit Dutzenden Modulberaterinnen und -beratern anrücken. Entsprechend hoch ist der Abstimmungsaufwand.

Nach unserer Erfahrung ist ein Mittelweg ideal: Feste Projekt-Teams mit genügend Personalredundanz, die aber klein genug sind, um Überspezialisierung zu vermeiden. Diese Konstellation vereinfacht die Abstimmung zwischen Kunde und Dienstleister und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die ERP-Einführung reibungslos läuft.

Der erste Kontakt mit dem Team des ERP-Anbieters findet meist im Rahmen der ERP-Workshops statt. Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, wie Sie diese Veranstaltungen optimal vorbereiten, empfehlen wir Ihnen unser Whitepaper „Holen Sie das Maximum aus Ihren ERP-Workshops!“.