Der Produktivstart markiert das Ende der ERP-Einführung. Das System selbst befindet sich aber erst am Anfang seines Lebenszyklus. Die meisten Unternehmen betreiben ihre ERP-Lösung über mehrere Jahre hinweg, denn Kosten und Aufwand der ERP-Einführung machen häufige Systemwechsel unwirtschaftlich. ERP-Systeme, die sich seit zehn Jahren oder länger im Einsatz befinden, sind daher keine Seltenheit.
Trotzdem soll die ERP-Lösung über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg performant und mit höchster Effizienz laufen. Wartung und Pflege der Software spielen daher eine große Rolle und sollten schon bei der ERP-Auswahl bedacht werden. Denn Entscheidungen während des ERP-Projekts können große Auswirkungen auf die späteren Wartungskosten haben
Regelmäßige Datensicherung
Im Geschäftsumfeld des 21. Jahrhunderts sind Daten ein unverzichtbarer Rohstoff. Stellenweise werden sie sogar als das neue Öl bezeichnet. Datenpflege und -sicherung innerhalb des ERP-Systems sind daher ein wichtiger Teil der regelmäßigen Wartungsarbeiten.
Besonders die Datensicherung hat hohe Relevanz, denn schon ein Teilverlust des ERP-Datenbestandes hat unter Umständen teure Auswirkungen. Je nach Situation kann ein kompletter Datenverlust sogar eine existentielle Bedrohung für das Unternehmen darstellen. Schließlich enthält die Datenbank in Ihrem ERP-System Informationen, die für das Tagesgeschäft existentiell und nur schwer ersetzbar sind. Daher ist es nicht verwunderlich, dass regelmäßige Datensicherung ein essenzieller Teil der ERP-Wartungsarbeiten ist.
Für die Sicherung Ihrer Daten gibt es zwei Ansätze:
- Bei der vollständigen Datensicherung kopieren Sie Ihren kompletten Datenbestand auf einen weiteren Datenträger. Dieser Ansatz ist zwar der sicherste, aber er ist auch mit hohem Zeitaufwand verbunden. Für die tägliche Anwendung ist die komplette Datensicherung daher meist ungeeignet.
- Die differenzielle Datensicherung speichert nicht die komplette Datenbank ab, sondern nur die Veränderungen seit der letzten vollständigen Sicherung. Der zu verarbeitende Datenumfang ist also kleiner und erfordert folglich weniger Zeit. Allerdings ist die Wiederherstellung aufwändiger, da Ihre IT dann zwei Datensätze neu einspielen muss (die komplette Sicherung und die letzten Änderungen).
In der Regel kommt eine Kombination beider Wege zum Einsatz: z. B. zweiwöchentliche Komplettsicherungen in Verbindung mit täglichen differenziellen Sicherungen. Zum großen Teil können Sie die Datensicherung automatisieren. Allerdings gibt es immer wieder Situationen, in denen Ihre IT manuell eingreifen muss.
Software-Patches & Bugfixes
Gerade bei einer so komplexen Software wie einem ERP-System sind kleinere Produktfehler und daher auch Updates unvermeidlich. Schon der menschliche Faktor führt dazu, dass immer mal wieder Software-Bugs auftauchen, die dann mit Patches des Anbieters behoben werden. Die meisten ERP-Unternehmen bieten ihren Kunden daher Wartungsverträge an, über deren Zeitraum hinweg sie Software-Fehler beheben.
In der Regel melden Kunden Programmfehler an den ERP-Anbieter. Dabei handelt es sich meistens um anwendungsbezogene Probleme. Beispielsweise meldet der Vertrieb, dass die ERP-Lösung unter bestimmten Voraussetzungen keine neuen Kunden im CRM-Modul anlegt, weil ein Pflichtfeld fälschlicherweise gesperrt ist. Den Bug melden Sie an den Support des Anbieters und erhalten kurze Zeit später einen Patch, der den Fehler behebt. Oder der Fehler ist allgemeiner Natur und wird im nächsten Update gefixt.
Vorsicht ist bei sicherheitsrelevanten Patches geboten. Diese stellt Ihnen der ERP-Anbieter in der Regel von sich aus zur Verfügung, weil er eine Sicherheitslücke aufgedeckt hat. Sicherheits-Patches sollten Sie so schnell wie möglich einspielen, um Schäden durch Angreifer zu vermeiden.
Patches verursachen also auf zwei Arten zusätzlichen Aufwand: Zum einen ist der Wartungsvertrag des Anbieters mit Kosten verbunden. Zum anderen gehört es zu den Aufgaben Ihrer IT, Fehler an den ERP-Hersteller zu melden und wichtige Updates und Patches so schnell wie möglich einzuspielen.
Versions-Updates
Ein ERP-System altert nicht im herkömmlichen Sinn wie ein physisches Produkt. Es kann aber durchaus veralten. Die Software nutzt sich zwar per se nicht ab. Aber wenn sich das Unternehmensumfeld ändert (z. B. durch technische Entwicklungen, gesetzliche Vorgaben oder eine veränderte Unternehmensstrategie), kann irgendwann der Fall eintreten, dass die ERP-Lösung nicht länger alle Geschäftsprozesse adäquat unterstützt. Daher ist es wichtig, das ERP-System regelmäßig upzudaten.
Im Gegensatz zu Patches fügen vollständige Versions-Updates der ERP-Software neue Funktionen hinzu und erweitern somit deren Anwendungsbereich. Release-Wechsel sind daher ein wichtiger Bestandteil des Lebenszyklus einer ERP-Lösung. Zumeist sind sie ohnehin durch Ihren Wartungsvertrag abgedeckt.
Regelmäßige Updates sind allerdings nicht nur aufgrund neuer Features und Funktionen ein Muss. Ausbleibende Updates können auch ein Sicherheitsrisiko darstellen, denn Sicherheits-Patches werden in der Regel nicht für ältere ERP-Versionen bereitgestellt. Haben Sie Ihr ERP-System seit längerer Zeit nicht mehr aktualisiert, stehen Ihnen manche Patches nicht zur Verfügung. Im schlimmsten Fall sind Sie ohne vorheriges Versions-Update nicht in der Lage, Sicherheitslücken zu schließen.
Allerdings bergen Release-Wechsel auch Risiken. Es kann immer vorkommen, dass ein Versions-Update neue Software-Bugs mit sich bringt. Dabei handelt es sich meistens um Fehler, die sich in spezifischen Situationen zeigen und bei Standard-Tests nur schwer zu entdecken sind. Daher ist es ratsam, das Update erst im Kontext Ihrer individuellen Geschäftsprozesse zu testen, bevor Sie es unternehmensweit einspielen.
Zusätzlicher Aufwand durch Customizing
Bisher sind wir von einem ERP-System ausgegangen, das dem Standardzustand entspricht oder nur geringfügige Modifikationen enthält. In der Praxis ist das aber so gut wie nie der Fall. Die meisten ERP-Lösungen wurden in der einen oder anderen Form an die individuellen Geschäftsabläufe des Unternehmens angepasst. Das macht auch Sinn, denn keine ERP-Software kann Out-of-the-box alle Prozesse einwandfrei abdecken. Aber bedenken Sie: Customizing beeinträchtigt die Wartbarkeit Ihres ERP-Systems negativ.
Versions-Updates betreffen immer nur die Standardausführung einer ERP-Lösung. Wenn Sie die Software durch Customizing verändern, aktualisiert das Update zwar den Standardteil der Software. Die Modifikationen bleiben aber unberührt. Was dann passiert, hängt von Art und Umfang der Anpassungen ab.
Im günstigsten Fall betrifft das Update ausschließlich Teile des ERP-Systems, die nicht verändert wurden. Ihre Modifikationen sind dann nicht beeinträchtigt und verursachen auch keinen zusätzlichen Aufwand. Hat der ERP-Anbieter allerdings einen modifizierten Teil der Software aktualisiert, müssen Sie Ihr Customizing durch zusätzliche Anpassungsprogrammierung nachziehen. Der Aufwand dieser Maßnahmen hängt vom Ausmaß des Customizings ab. Als Faustregel gilt jedoch: Je stärker Ihr ERP-System modifiziert wurde, desto aufwändiger sind Wartung und Pflege.
Wartung und Pflege gehören dazu
Auch nach der Implementierung verursacht ein ERP-System weiterhin laufende Kosten. Ihre IT muss nicht nur regelmäßig Daten sichern, sondern auch Patches und Bugfixes im Auge behalten. Zusätzlich ist auch der Wartungsvertrag des ERP-Anbieters mit laufenden Kosten verbunden. Das gilt umso mehr, wenn Sie Ihre ERP-Lösung durch Customizing modifiziert haben.
Das sollte Sie jedoch auf keinen Fall davon abhalten, Wartung und Pflege den nötigen Stellenwert einzuräumen. Ein ERP-System ist kein statisches Konstrukt. Es verändert sich mit jedem Update und passt sich an die Entwicklung Ihres Unternehmensumfelds an. Und diese Eigenschaft wiegt die Wartungskosten leicht wieder auf. Wenn Sie an der falschen Stelle sparen, ist Ihre ERP-Lösung zwar günstig, aber auch sehr schnell veraltet.
Bevor Wartung und Pflege relevant werden, müssen Sie jedoch erst die ERP-Einführung erfolgreich abschließen. Wenn Sie dazu mehr Informationen suchen, sollten Sie einen Blick in unser Whitepaper „Die ERP-Einführung von A bis Z.“ riskieren. Es deckt den gesamten Prozess ab – vom Lastenheft bis zum Abnahmetest.