Neulich haben wir im Asseco-Blog nützliche Tipps und Tricks für frischgebackene Key-User vorgestellt. Damit wollten wir ERP-Neulingen unter die Arme greifen, die Starthilfe bei ihrem ersten EPR-Projekt benötigen. Diese Woche wollen wir das Thema wieder aufgreifen und uns mit einer weiteren Rolle in Projektteam beschäftigen: der Projektleitung. Was müssen frischgebackene Projektleiter oder Projektleiterinnen bei ihrem ersten ERP-Projekt beachten?

Auch die Projektleitung braucht Einfühlungsvermögen

Auch wenn Projektleitung und Key-User zwei Rollen mit unterschiedlichen Aufgabenprofilen darstellen, gibt es doch eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten. Beide müssen für ihre Tätigkeit viele verschiedene Aufgaben miteinander in Einklang bringen: Sie vertreten die Interessen der Abteilungen im Projekt, halten ihre Kollegen und die Geschäftsführung auf dem Laufenden und dokumentieren alle Projektschritte, damit später jede Entscheidung nachvollziehbar bleibt.

Natürlich sind Verhältnis und Umfang dieser Aufgaben nicht zu 100 Prozent identisch – schließlich ist die Projektleitung für das gesamte Unternehmen zuständig, nicht nur für eine einzelne Abteilung. Beispielsweise spielt informelle Kommunikation mit den Kollegen (das berühmte „Gespräch am Wasserspender“) für Projektleiter eine geringere Rolle als für Key-User – zumindest in größeren Unternehmen. Dafür greifen Projektverantwortliche häufiger auf formelle Kommunikationswege (wie z. B. eine Rundmail) zurück.

In beiden Fällen sind jedoch die gleichen Soft Skills gefragt: Kommunikationsstärke und Einfühlungsvermögen. Sowohl Projektleiter als auch Key-User halten den Rest des Unternehmens auf dem Laufenden und zerstreuen Ängste sowie Widerstände ihrer Kollegen. Für frischgebackene Projektverantwortliche gelten also zunächst die gleichen Tipps, die wir letzte Woche für Key-User zusammengestellt haben.

Seien Sie auf Führungsaufgaben vorbereitet

Es gibt jedoch einen Faktor, der gravierende Unterschiede zwischen beiden Rollen nach sich zieht: Menschenführung. Projektverantwortliche finden sich für die Dauer des Projekts in einer Managementposition wieder. Sie werden temporär zu Vorgesetzten der Key-User und übernehmen damit auch Führungsaufgaben – ein Faktor, den frischgebackene Projektleiter und Projektleiterinnen oft unterschätzen.

Bei der Auswahl der richtigen Kandidaten für die Projektleitung müssen ERP-Entscheider vieles beachten, wie z. B. Fachkompetenz, Durchsetzungsvermögen oder ein Blick für das große Ganze. Diese Eigenschaften haben jedoch keinen direkten Bezug zur Karrierestufe. Im Gegenteil: oft sind sogar jüngere Kollegen, die mit viel Elan an die neue Aufgabe herangehen, die bessere Wahl. Das hat jedoch den Nachteil, dass frischgebackene Projektverantwortliche manchmal keine relevante Managementerfahrung mitbringen.

Nur wer sein Team kennt, kann auch führen

Dabei ist Personalführung eine wichtige Aufgabe dieser Rolle. Als Projektleiter oder Projektleiterin stehen Sie dem ERP-Team vor, koordinieren anfallende Aufgaben und unterstützen die Key-User bei ihrer Arbeit. Für all diese Aufgaben müssen Sie Ihr Team genau kennen. Andernfalls wird Ihnen die Koordination des Projekts schwerfallen. Unser erster Hinweis für Sie lautet also: Machen Sie sich frühzeitig mit Ihrem Team vertraut. Stellen Sie Fragen wie:

  • Was sind die Stärken und Schwächen jedes einzelnen Key-Users?
  • Wo liegen deren fachliche Kompetenzen?
  • Wie sind die Key-User persönlich gestrickt?
  • Wie sind die Beziehungen der Key-User zu ihren Kollegen?
  • Wie gut können sich die Key-User durchsetzen?

All diese Informationen helfen Ihnen dabei, Ihr Team besser zu koordinieren und bei seiner Arbeit zu unterstützen. Sie können herannahende Probleme leichter identifizieren und eine passende Lösung finden. Wenn Sie beispielsweise feststellen, dass es einem Key-User schwerfällt, das ERP-Projekt mit seinem Tagesgeschäft in Einklang zu bringen, können Sie das erkennen und sich mit dem zuständigen Abteilungsleiter zusammensetzen.

Koordinieren Sie sich mit den Abteilungsleitern

In der Tat ist die vorübergehende Matrixorganisation, die mit einem ERP-Projekt einhergeht, immer wieder eine Quelle für Konflikte. Sie können als Projektleiter oder Projektleiterin Aufgaben an die Key-User delegieren. Gleichzeitig müssen die Key-User aber noch ihr Tagesgeschäft bewältigen und sind somit auch ihren regulären Vorgesetzten unterstellt. Das kann zu Zielkonflikten führen, wenn ERP-Projekt und Tagesgeschäft gleichzeitig die Aufmerksamkeit eines Mitarbeiters verlangen.

Unser nächster Tipp lautet also: Sprechen Sie sich frühzeitig mit den Vorgesetzten Ihrer Key-User ab. Das ist ein wichtiger Schritt, denn beide Vorgesetzten verfolgen unterschiedliche Ziele. Wenn Sie sich nicht koordinieren, geraten am Ende die Key-User unter die Räder – entweder in Form massiver Überstunden oder durch harsche Kritik ihrer Abteilung. Und überlastete, beziehungsweise frustrierte Teammitglieder sind Gift für jedes ERP-Projekt.

Die Projektleitung muss durchgreifen können

Ein weiterer Punkt, mit dem sich frischgebackene Projektleiter oder Projektleiterinnen auseinander setzen müssen, ist ihre eigene Autorität. Eine gute Beziehung zu Ihren Kollegen ist zwar wichtig, aber am Ende des Tages sind Sie für den Projekterfolg verantwortlich – und dafür müssen Sie im Zweifelsfall auch durchgreifen. Falls z. B. einzelne Mitarbeiter einen Key-User nicht ausreichend unterstützen, gehört es zu Ihren Aufgaben, zusammen mit dem zuständigen Abteilungsleiter eine Lösung zu finden.

Die Idealsituation ist natürlich, dass das ganze Unternehmen an einem Strang zieht. Aber darauf können Sie sich nicht verlassen. Im Zweifelsfall müssen Sie ein Machtwort sprechen und Unterstützung durch Ihre Kollegen einfordern. Dabei hilft Ihnen die Position der Projektleitung selbst. Im Vergleich zu den Key-Usern wird Ihre Rolle stärker als Managementposition wahrgenommen, die auch Kontakt zu der Geschäftsleitung hat. Das verleiht Ihnen wiederum eine Grundautorität, die Sie nutzen können, um das ERP-Projekt auf Kurs zu halten. Das ist zwar keine ideale Situation, aber Sie sollten sich trotzdem darauf vorbereiten, im Zweifelsfall Durchsetzungsvermögen zu zeigen.

Finden Sie die richtige Balance

Am Ende des Tages läuft es auch hier wieder auf den Spagat zwischen Einfühlungs- und Durchsetzungsvermögen hinaus, den wir letzte Woche bereits im Zusammenhang mit den Key-Usern beschrieben haben. Auf der einen Seite muss die Projektleitung darauf achten, alle Mitarbeiter für das ERP-Projekt an Bord zu holen und Widerstände zu zerstreuen. Auf der anderen Seite muss sie aber auch Durchsetzungsstärke zeigen und die ERP-Einführung auf Kurs halten.

Die richtige Balance zwischen beidem zu finden ist nicht immer einfach. Da ist Fingerspitzengefühl gefragt. Aber Sie müssen sich dieser Aufgabe nicht alleine stellen. Die Key-User können Ihnen eine Menge Arbeit abnehmen und auch die Geschäftsleitung sollte Ihnen den Rücken stärken. Mit der richtigen Vorbereitung und einem guten Team können Sie Ihrer neuen Aufgabe als Projektverantwortlicher also gelassen entgegensehen.

Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, welche Rolle Personalmanagement während der ERP-Einführung spielt, sollten Sie einen Blick in unser Whitepaper „Geschäftsleitung, Key-User und Mitarbeiter. Gewinnen Sie alle Beteiligten für das ERP-Projekt“ werfen. Es erklärt genau, wie Sie erreichen, dass das ganze Unternehmen an einem Strang zieht.