Definition: Was ist ein Pflichtenheft?

Das Pflichtenheft beschreibt detailliert die Anforderungen, Funktionen und Spezifikationen, die ein zu entwickelndes Produkt oder eine Dienstleistung erfüllen muss. Es kommt bei komplexeren Projekten zum Einsatz, etwa in der Software- oder Maschinenentwicklung.

Das Pflichtenheft wird vom (potenziellen) Auftraggeber erstellt, meist in Kombination mit einem Angebot. Wenn der Auftrag erteilt wird, wird das Pflichtenheft Teil des Vertrags und dient als verbindliche Arbeitsgrundlage für die Umsetzung und Abnahme des Projekts.

Durch die detaillierten Beschreibungen sollen Missverständnisse zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vermieden und ein einheitliches Verständnis über die Projektziele geschaffen werden.

Bei welcher Art Projekte werden Pflichtenhefte erstellt?

Pflichtenhefte werden bei größeren oder komplexen Projekten erstellt, hauptsächlich im technischen Bereich. Dort reichen allgemeine Produktbeschreibungen oder Vereinbarungen nicht aus. Einige Beispiele:

  • Entwicklung von Software und Hardware
  • Einführung von IT-Systemen in Organisationen
  • Konstruktion und Fertigung von Anlagen und Maschinen
  • Architektur- und Bauprojekte
  • Große Marketing- und Werbekampagnen
  • Entwicklung neuer Produkte in der Fertigungsindustrie

Der Nutzen: Warum braucht man ein Pflichtenheft?

Kann man auf ein Pflichtenheft verzichten? Das wäre nicht klug, denn es erfüllt wichtige Zwecke:

Klare Kommunikation

Bei Diskussionen um Funktionen oder technische Details können leicht Missverständnisse aufkommen; jeder stellt sich darunter etwas anderes vor. Die präzisen Definitionen und Beschreibungen im Pflichtenheft dienen als Referenz für alle Beteiligten. Alle verstehen klar, was gemeint ist, wodurch die Kommunikation wesentlich erleichtert wird.

Ressourcenplanung

Im Pflichtenheft werden Zeitpläne für die Lieferung und wichtige Meilensteine festgelegt. Außerdem werden Verantwortlichkeiten beim Auftragnehmer und Auftraggeber definiert. Anhand der Spezifikationen werden die Umsetzungsaufwände geschätzt. Mit diesen Informationen können die beiden Projektpartner ihr Personal und andere Ressourcen einplanen.

Kostenkontrolle

Im Pflichtenheft ist genau festgelegt, was umgesetzt werden soll und wie. Damit können die Kosten möglichst genau veranschlagt werden. Unerwartete Mehrkosten werden vermieden. 

Qualitätssicherung und Abnahme

Bei der Lieferung des Projekts muss der Auftraggeber überprüfen, ob das Produkt die geforderten Qualitätsansprüche erfüllt. Dabei werden die im Pflichtenheft beschriebenen Kriterien und Spezifikationen als Maßstab angelegt. Der Auftraggeber kann sich sicher sein, dass das Ergebnis seinen Erwartungen entspricht. Der Auftragnehmer kann nachweisen, dass er wie vereinbart geliefert hat.

Wer erstellt das Pflichtenheft?

Das Pflichtenheft wird in der Regel vom Auftragnehmer erstellt; also von demjenigen, der mit der Ausführung des Projekts beauftragt wird.

Wie läuft die Erstellung des Pflichtenheftes ab?

  1. Analyse des Lastenhefts: Zuerst analysiert der Auftragnehmer die im Lastenheft beschriebenen Anforderungen und Wünsche des Auftraggebers.
  2. Entwicklung des Pflichtenhefts: Auf Basis dieser Informationen schreibt der Auftragnehmer das Pflichtenheft. Hierbei werden die Anforderungen aus dem Lastenheft in konkrete technische Spezifikationen und Arbeitspläne übersetzt.
  3. Abstimmung mit dem Auftraggeber: Bereits während der Erstellung werden die einzelnen Themen zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber abgestimmt. So wird sichergestellt, dass alle Anforderungen korrekt verstanden werden.

Was ist der Unterschied zwischen Lastenheft und Pflichtenheft?

Lastenheft und Pflichtenheft unterscheiden sich auf drei Ebenen: Urheber, Inhalt und Zweck.

Lastenheft

  • Urheber: Wird vom Auftraggeber erstellt. Es enthält seine Wünsche und Anforderungen an das Projekt oder Produkt.
  • Inhalt: Beschreibt allgemein die gewünschten Leistungen und Ziele des Projekts. Es bleibt oft auf einer höheren, weniger technischen Ebene.
  • Zweck: Dient als Grundlage für die Angebotserstellung durch potenzielle Auftragnehmer und als Basis für das spätere Pflichtenheft.

Pflichtenheft

  • Urheber: Wird vom Auftragnehmer erstellt, meist in Reaktion auf das Lastenheft. 
  • Inhalt: Legt genau fest, wie die Anforderungen des Lastenhefts erfüllt werden; detailliert und technisch, mit Spezifikationen und Vorgehensweisen. 
  • Zweck: Dient als Grundlage für das Angebot und den Projektvertrag sowie als Leitfaden für die Realisierung und Abnahme des Projekts.

Mehr erfahren: Der Unterschied zwischen Lastenheft und Pflichtenheft im Detail

Der Aufbau: Was gehört alles in ein Pflichtenheft?

Jedes Pflichtenheft ist natürlich individuell: Eine Software hat andere Anforderungen als ein Gebäude. Trotzdem haben die Dokumente in der Regel einen standardisierten Aufbau mit bestimmten Kapiteln.

  • Versionskontrolle: Chronologische Erfassung, welche Person wann welche Stelle im Dokument ändert.
  • Einleitung und Übersicht: Beschreibung des Projekts, der  Ausgangslage, Rahmenbedingungen und gesetzten Ziele.
  • Zeitrahmen: Festlegung der einzelnen Projektphasen und Meilensteine sowie Terminierung der konkreten Arbeitsschritte und Lieferungen.
  • Zuständigkeiten: Dokumentation aller Rollen und Verantwortungsbereiche im Projekt, von der Projektleitung bis zu den Personen für Entwicklung und Qualitätssicherung.
  • Funktionale Anforderungen: Ausführliche Beschreibung der funktionalen und technischen Anforderungen an das Projekt oder das Produkt (Hauptteil des Pflichtenheftes).
  • Nicht-funktionale Anforderungen: Übergreifende Anforderungen an das Produkt; unter anderem zu Leistung, Bedienerfreundlichkeit, Sicherheit, Optik, Haltbarkeit.
  • Lieferumfang und Abnahmekriterien: Genaue Beschreibung des Lieferumfangs und der geforderten Qualitätsanforderungen (wann das Projekt als erfolgreich abgeschlossen gilt), sowie die Methoden, mit denen die Qualität geprüft wird.
  • Budgets und Ressourcenplanung: Übersicht über die geplanten Kosten und erforderlichen Ressourcen.
  • Risikomanagement: Analyse und Bewertung potenzieller Projektrisiken und Beschreibung von Maßnahmen zur Prävention.
  • Anhänge: Zusätzliche Dokumente, Diagramme, Glossare und andere weiterführende Informationsmaterialien.

Anforderungen an ein gutes Pflichtenheft

Ein Pflichtenheft erfüllt nur seinen Zweck, wenn es gewissenhaft erstellt wurde. Diese Kriterien sollte es erfüllen:

Klar und verständlich: Das Pflichtenheft sollte in einer Sprache formuliert sein, die alle Projektbeteiligten verstehen können, unabhängig von deren Kenntnisstand. Fachjargon, mit dem nicht alle vertraut sind, sollte vermieden werden. Fachbegriffe können in einem Glossar erklärt werden.

Eindeutig: Jede Anforderung und Spezifikation im Pflichtenheft sollte eindeutig und unmissverständlich formuliert sein. Wenn Interpretationsspielraum besteht, kann es später leicht zu Missverständnissen und Konflikten mit ernsten Folgen für das Projekt kommen.

Konsistent: Aussagen und Anforderungen im Pflichtenheft dürfen sich nicht widersprechen. Das kann eine Herausforderung sein, wenn mehrere Personen daran schreiben. Deshalb sollte das Dokument am Ende auf Konsistenz und Plausibilität geprüft werden.

Vollständig: Alle relevanten Aspekte des Projekts müssen im Pflichtenheft abgedeckt sein. Sonst erfüllt das Ergebnis später nicht die Anforderungen des Kunden. Bestimmte Aufgaben müssten nachträglich durchgeführt werden, was zusätzlich Geld kostet und die Lieferung verzögert.

Realistisch: Idealvorstellungen haben in einem Pflichtenheft nichts zu suchen. Schließlich muss der Auftragnehmer alles liefern, was er darin beschreibt. Deshalb dürfen nur realistische, umsetzbare Anforderungen und Ziele definiert werden. Bei komplexen technischen Projekten muss dies im Vorfeld geprüft werden. 

Flexibel: Trotz aller Sorgfalt ist kein Pflichtenheft perfekt. Es können Dinge vergessen werden oder die Anforderungen ändern sich im Laufe des Projekts. Deshalb sollte Raum für Anpassungen bleiben. Beide Parteien sollten von vornherein vereinbaren, wie mit Änderungen umgegangen wird.

Ist ein Pflichtenheft ein Angebot?

Nein, ein Pflichtenheft ist kein Angebot. Darin sind keine konkreten Lieferpreise und -bedingungen beschrieben. Jedoch ist es oftmals ein Teil des Angebots oder eine Anlage davon. Das Angebot enthält nur eine kompakte Beschreibung des Lieferumfangs, während das Pflichtenheft die vollständigen Details enthält.

Wenn der Auftragnehmer ein Angebot annimmt, wird zusammen mit dem Auftraggeber die finale Version des Pflichtenheftes erstellt und ein Vertrag geschlossen.

Was kostet ein Pflichtenheft?

Die Kosten für ein Pflichtenheft variieren stark, abhängig von verschiedenen Faktoren wie Projektgröße, Komplexität und Branche. Bei kleinen Projekten berechnet der Auftraggeber eventuell gar nichts und kalkuliert die Kosten in sein Angebot mit ein. Bei überschaubaren technischen Projekten (IT, Maschinenbau) liegen die Kosten oft im Bereich von einigen tausend Euro. Bei Großprojekten ist auch der Aufwand für das Pflichtenheft deutlich größer, etwa bei Softwaresystemen für Konzerne, Produktionsanlagen oder Gebäuden. Die Kosten können hier mehrere zehntausend Euro bis über hunderttausend Euro betragen.

Wodurch werden die Kosten verursacht? Für das Pflichtenheft müssen die Anforderungen analysiert und mögliche Lösungen technisch geprüft werden. Die Kommunikation und das Projektmanagement erfordern ebenfalls Zeit und Ressourcen. Oft müssen zusätzliche externe Beratende in Technik- oder Rechtsfragen beauftragt werden.

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