Laut einer Studie von Bitkom Research schöpfen 60 Prozent der deutschen Unternehmen das Potenzial ihrer Daten bisher eher wenig oder gar nicht aus (Stand: Juni 2024). Ein großer Fehler, denn nur wer gesammelte Daten zu analysieren und verwerten weiß, wird wettbewerbsfähig bleiben.

Die meisten Unternehmen sind sich zwar darüber bewusst, dass eine effiziente Datenverarbeitung schon bald überlebenswichtig sein wird. Viele wissen allerdings nicht, mit welchen Anwendungen sie die gewaltige Masse ihrer unstrukturierten Datenbestände wirklich gewinnbringend nutzen können. Ein ERP-System ist jedenfalls nicht für den Umgang mit großen Mengen an Rohdaten gemacht. Und auch mit einem leistungsstarken Big-Data-Tool allein sind keine großen Erfolge zu feiern.
In diesem Artikel verraten wir Ihnen, wie Sie mit Big-Data- und ERP-Lösungen dennoch eine optimale Verwertung Ihrer Daten erzielen.

Was können Big-Data-Tools – und was nicht?

Bei Big Data handelt es sich um riesige Mengen halb- oder unstrukturierter Rohdaten, die in großer Vielfalt und rasanter Geschwindigkeit entstehen. Das alleinige Sammeln und Speichern dieser immens großen Datensätze ist für Unternehmen nicht wertstiftend. Im Gegenteil: Es verlangsamt Prozesse, raubt wertvolle Zeit und kostet Geld.

Damit Sie aus den gesammelten Datenmengen eine Wertigkeit generieren können, sind spezielle Big-Data-Anwendungen erforderlich. Im Gegensatz zu herkömmlicher Software für Datenverarbeitung können diese Applikationen komplexe Daten in Hochgeschwindigkeitsumgebungen erfassen, verarbeiten und analysieren.

Big-Data-Applikationen werten den anfallenden Datenstrom jedoch nicht bis ins kleinste Detail aus. Vielmehr suchen sie nach Mustern und auffälligen Ereignissen, um entscheidungsrelevante Informationen zu liefern. Die Qualität der einzelnen Datenpakete ist dabei nicht entscheidend, sondern das große Ganze.

Dedizierte Big-Data-Tools eignen sich also hervorragend dafür, Regelmäßigkeiten oder Wiederholungen in umfangreichen Datenströmen zu erkennen. Allerdings können sie die Daten nicht mit praktischen Anwendungsfällen verknüpfen und den Anwender*innen keine Detailinformationen liefern. Die Interpretation muss an anderer Stelle erfolgen – im ERP-System.


Stärken und Schwächen von Big-Data-Tools auf einen Blick:

  • Analyse von sehr großen, unstrukturierten Datenmengen
  • Suche nach Mustern und Auffälligkeiten
  • keine detaillierte Auswertung der Daten
  • keine wertstiftende Interpretation für die Anwender*innen

Was können ERP-Systeme – und was nicht?

Schon seit Jahrzehnten bildet das ERP-System das zentrale Daten-Rückgrat eines Unternehmens. Informationen aus unterschiedlichen Businessbereichen laufen in der Software zusammen und stehen dort in einer zentralen Datenbank zur Verfügung. Mit einem ERP-System können Unternehmen somit nicht nur sämtliche Geschäftsprozesse steuern. Es befähigt sie auch zur Aufbereitung von Daten aus dem gesamten Unternehmen in einer zentralen Ansicht.

Ein intelligentes ERP-System ermöglicht die Qualifizierung von Daten und zieht zeitnah Schlüsse aus großen Datenbeständen. Dies gelingt unter anderem durch Automatisierungen, Real-Time-Analysen und Machine Learning. Auf Grundlage detaillierter Datenanalysen lassen sich mit der Software aufschlussreiche Geschäftsberichte für Teamleiter*innen, Manager*innen und Entscheidungsträger*innen erstellen.

Eine ERP-Software allein als Big-Data-Tool einzusetzen, ist jedoch keine Option. ERP-Systeme sind dafür gemacht, lediglich eine begrenzte Menge qualitativ hochwertiger Daten zu verwalten. Extrem umfangreiche, komplexe und volatile Datenströme in Echtzeit zu überwachen und zu analysieren, gehört nicht zu ihren klassischen Aufgaben.

Zwar sind auch viele ERP-Systeme grundsätzlich dazu in der Lage, große Mengen unstrukturierter Daten zu verarbeiten und zu analysieren. Schließlich produzieren gerade größere Unternehmen erhebliche Datenmengen in ihrem Tagesgeschäft, die wiederum in der ERP-Software zusammenfließen. Doch aus den folgenden beiden Gründen kann ein ERP-System Big Data nicht alleine bewältigen:

Kapazitätslimit

Big Data darf nicht ungefiltert in das ERP-System gelangen. Die Software ist nicht dazu in der Lage, ausreichend Kapazitäten für derart große Datenmengen zu generieren. Eher früher als später würde der Punkt kommen, an dem die Performance der Software leidet und das System durch Slowdowns zunehmend instabil wird. Für Big-Data-Projekte sind daher deutlich leistungsstärkere Tools nötig, die mit der entsprechenden Rechenleistung ausgestattet sind.

Andere Zielsetzung

Ein ERP-System verfolgt einen anderen Ansatz als eine Big-Data-Applikation. Während es bei Big Data in erster Linie um Mustererkennung geht, verwandelt eine ERP-Lösung Unternehmensdaten für Anwender*innen in aussagekräftige Kennzahlen. Dafür verwendet das ERP Algorithmen, die Daten qualitativ auswerten. Die gleichen Algorithmen im Kontext von Big Data zu verwenden, würde extrem viel Rechenleistung erfordern.


Stärken und Schwächen von ERP-Systemen auf einen Blick:

  • Zentrale Speicherung und Aufbereitung von Unternehmensdaten
  • Qualifizierung und Interpretation von Daten
  • nicht genügend Kapazitäten für extrem große Datenmengen
  • keine Massenanalyse unstrukturierter, ungefilterter Daten möglich

Big Data und ERP: Die Kombination macht’s

Sowohl Big-Data-Tools als auch ERP-Systeme bringen in Big-Data-Szenarien also Stärken und Schwächen mit sich. Um das Maximum für Ihre Datenverwertung herauszuholen, kommt daher in der Regel eine Kombination mehrerer Software-Systeme zum Einsatz. Diese tauschen ausschließlich prozessrelevante Informationen aus und übernehmen unterschiedliche Aufgaben.

Während sich ein Big-Data-Tool um die Überwachung und Analyse des Datenstroms kümmert, setzt ein ERP-System Informationen in einen praktischen Kontext. Der Datenaustausch ist zwar eingeschränkt, aber fokussiert. Auch wenn ein ERP-System die Analyse von großen Datenansammlungen alleine nicht übernehmen kann, ist es für Big-Data-Auswertungen dennoch äußerst hilfreich:

  • Das ERP-System übernimmt die Interpretation von Daten und liefert damit einen essenziellen Mehrwert. Indem es die extrahierten Analysedaten in die richtigen Wege leitet, können Sie Ihre Erkenntnisse direkt auf die Praxis beziehen und entsprechend umsetzen.
  • Es kann bestehende Stammdaten in Kontext mit den Analysedaten setzen und daraus anschließend Schlüsse ziehen, die automatisierte Reaktionen auslösen.
  • Es kann Probleme frühzeitig und zuverlässig erkennen. Sollten etwa die Überwachungsdaten Ihrer Maschinen von der Norm abweichen, kann Ihr ERP-System Sie benachrichtigen.


Und wie sieht das jetzt in der Praxis aus?

Nehmen wir das Internet of Things (IoT): Mit jeder Maschine, jeder Komponente und jedem Sensor kommen in automatisierten Fertigungsorganisationen mehr und mehr Daten hinzu – bis schließlich niemand mehr die Informationsflut bewältigen kann und sich die riesige Datenmenge jeder Analyse entzieht.

Der ERP-Lösung der Zukunft fällt eine Aufgabe zu, die eine IoT-Architektur alleine nicht stemmen kann: Sie entwickelt sich vom Steuermodul zum Daten-Hub, der Entscheider*innen die Kontrolle und Analyse des Fertigungsbereichs ermöglicht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die ERP-Software keine Rohdaten erhält, sondern lediglich Informationen, die eine Reaktion beziehungsweise Interpretation erfordern.

Während es bei Big Data in erster Linie um Mustererkennung geht, verwandelt eine ERP-Lösung Unternehmensdaten für Anwender*innen in aussagekräftige Kennzahlen.

Ein konkretes Beispiel aus der Produktion veranschaulicht das Zusammenspiel:

Stellen wir uns vor, ein Unternehmen unterhält einen großen Maschinenpark. Zusammen sind die Maschinen mit Tausenden Sensoren ausgestattet, die permanent Umgebungs- und Betriebsdaten übermitteln. 

Reine Analyse-Tools sind in der Lage, den dadurch entstehenden Datenstrom auszuwerten und nach Mustern zu scannen, die auf drohende Ausfälle hindeuten. Aber selbst im Falle eines Treffers kennt die Software nur die ID der betroffenen Maschine sowie das Störungsmuster. Den verantwortlichen Mitarbeitenden hilft das jedoch wenig. Sie benötigen zusätzliche Informationen wie

  • Bezeichnung und Typ der Maschine
  • Standort
  • Wartungsplan
  • Verfügbare Service-Techniker*innen
  • Betroffene Produktionsaufträge

Sprich: Solange Ereignisse im Datenstrom nicht mit Stamm- bzw. Auftragsdaten verknüpft sind, können Sie auch keine adäquate Reaktion ermitteln.

An diesem Punkt kommt die ERP-Lösung ins Spiel: 

Sie erfährt nicht alle Messdaten des Temperatursensors von Maschine A. Sie erhält lediglich einen Alert, wenn die Temperatur in Kombination mit anderen Sensordaten signifikant von dem Muster abweicht, das identische Maschinen unter Normalbedingungen zeigen. In diesem Fall ist es Aufgabe des ERP-Systems, die zuständigen Mitarbeiter*innen mit allen weiteren Informationen zu versorgen, beispielsweise:

  • Um welchen Maschinentyp handelt es sich?
  • Wo befindet sich Maschine A?
  • Welche Service-Techniker*innen sind für Maschine A zuständig?
  • Welche Schritte sind notwendig, um weitere Probleme zu verhindern?

Erst wenn diese Detailinformationen vorliegen, können die Verantwortlichen  weitere Maßnahmen einleiten.

Fazit: ERP-Systeme schaffen auch zukünftig Mehrwert

Bei Big-Data-Projekten können ERP-Lösungen nicht länger alle Stärken ausspielen. Jedoch nehmen sie in Unternehmen zunehmend eine andere Rolle ein – weg von der zentralen Datendrehscheibe und hin zum Informations-Cockpit. Sie reduzieren die enorme Komplexität vollautomatisierter Fertigungsumgebungen auf ein verständliches Maß, reichern Big-Data-Analysen mit nötigen Kontextinformationen an und lenken den Blick Ihrer Mitarbeiter*innen auf das Wesentliche.

Im Zeitalter der Digitalisierung ist ein modernes ERP-System der Schlüssel zu mehr Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Es hilft Ihnen dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen, Ihre Wertschöpfung nachhaltig zu optimieren und sich den nötigen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. So bauen Sie Ihren Vorsprung gegenüber der Konkurrenz kontinuierlich aus und bleiben zukunftsfähig.