Bei einer ERP-Einführung wird nicht einfach nur eine neue Software in Betrieb genommen. Die gesamte Arbeitsweise, die Kommunikation und die Aufgaben der Einzelnen ändern sich: je „traditioneller“ es in Ihrem Betrieb vorher zuging, desto größer fällt die Umstellung aus.
Prozesse müssen an das ERP-System angepasst werden; Aufgaben werden digitalisiert und automatisiert; Informationen und Arbeitsergebnisse werden als Daten erfasst und sind transparent nachvollziehbar.
Solche Änderungen müssen abgestimmt, vorbereitet, eingeführt und begleitet werden. Organisationsstrukturen, Prozesse und Richtlinien müssen geändert werden. Ihre Mitarbeitenden benötigen Schulung und Zeit, sich daran zu gewöhnen.
Wie viel Wandel kann ein Unternehmen in kurzer Zeit verkraften? Wie sichern Sie als verantwortliche Person, dass die nötigen Veränderungen stattfinden – und zwar so, wie geplant?
Menschen reagieren zunächst ablehnend auf Veränderungen
Die Veränderungen im Zuge einer ERP-Einführung können Ängste und Widerstände bei den Mitarbeitenden auslösen. Sie befürchten vielleicht, dass ihr Job wegrationalisiert werden soll oder sie mit der neuen Software nicht klarkommen. Andere mögen den Verdacht hegen, dass die Geschäftsführung sie mithilfe der Technik überwacht. Oder sie möchten nicht ihr gesamtes Wissen dokumentieren und sich selbst scheinbar überflüssig machen.
Die Reaktion von Menschen auf Veränderungen von außen verläuft in Phasen:
- Schockzustand und Ablehnung: Die Menschen möchten die Veränderung nicht wahrhaben und hoffen, dass es sie nicht betrifft. Sie versuchen, sie aufzuhalten und den bisherigen Zustand zu bewahren.
- Akzeptanz: Langsam beginnen sie, sich mit den positiven Auswirkungen auseinanderzusetzen, sich anzupassen und die neuen Möglichkeiten auszuprobieren.
- Überzeugung: Zuletzt sind sie von den Veränderungen überzeugt und gestalten sie sogar aktiv mit.
(Die Wissenschaft definiert sieben einzelne Phasen.)
Die richtige Dosis ist ein entscheidender Faktor im Change Management.
Vorausschauendes Change Management ist erforderlich
Allerdings sind die Phasen keine Automatismen. Ängste und Überforderung können so groß sein, dass die Vorteile der Änderungen nicht wahrgenommen werden. Einige Mitarbeitende könnten dann dauerhaft in der Phase der Ablehnung verharren. Sie könnten das neue System und die Prozesse sogar boykottieren. Dann blieben nur noch zwei Alternativen: Entweder mit dauerhaften Konflikten zu leben, oder sich von den Personen zu trennen. Beides ist nicht wünschenswert.
Deshalb darf die Geschäftsführung die Veränderungen nicht einfach passieren lassen, gewissermaßen als „Nebenwirkungen“ der ERP-Einführung. Noch wichtiger als das technische Konzept ist vorausschauendes Change Management: aktive, gezielte Maßnahmen, um die Veränderungen im gesamten Unternehmen zu gestalten. Dazu gehört, mögliche Widerstände vorab zu bedenken. Dann können diese durch Maßnahmen verhindert oder abgebaut werden.
Die richtige Dosis ist ein entscheidender Faktor im Change Management. Deshalb könnten Sie sich fragen: Wie viel sollen wir im Rahmen der ERP-Einführung überhaupt ändern?
Alles, was nötig ist, muss geändert werden
Die Antwort darauf ist überraschend simpel: Es muss alles verändert werden, was nötig ist, um die Ziele zu erreichen. In der Regel bedeutet das, alle wertschöpfenden Kernprozesse in Ihrem Unternehmen anzupassen. Zum einen müssen individuelle Prozesse in unterschiedlichen Abteilungen vereinheitlicht werden. Nur dann können alle in einem System zusammenarbeiten. Zum anderen müssen Ihre Kernprozesse so verändert werden, dass sie im ERP abgebildet werden können – idealerweise mit dem ERP-Standard.
Zwar ist es theoretisch möglich, das ERP-System komplett zu individualisieren und an die bestehenden Prozesse anzupassen. Doch je mehr man individualisiert, desto langwieriger und teurer wird es. Sich an den ERP-Standard anzupassen, ist in diesem Fall die bessere Wahl. Die Standardprozesse der ERP-Anbieter sind über Jahre getestet und optimiert worden und bei hunderten Unternehmen im Einsatz. Höchstwahrscheinlich funktionieren diese Prozesse auch bei Ihnen hervorragend.
Diese Veränderungen sind zwingend. Es wäre nicht sinnvoll, Dinge aus Rücksicht auf die Beteiligten einfach beim Alten zu belassen. Dadurch würden Ihre Ziele der ERP-Einführung verfehlt. Die Folgen wären weitaus schlimmer.
Bereitschaft zur Veränderung ist hoch
Die gute Nachricht ist: Wir stellen bei unseren Kunden große Bereitschaft zur Veränderung fest. Ein (neues) ERP-System führt man in der Regel erst ein, wenn der Druck hoch genug ist und man kaum noch eine Wahl hat.
Alle Beteiligten spüren die Probleme jeden Tag. Sie sind überlastet, müssen Aufgaben doppelt erledigen, kämpfen mit der Zettelwirtschaft und suchen ständig nach Informationen. Allen ist bereits bewusst: Es muss sich was ändern. Die Aussicht auf Erleichterungen überwiegt die Skepsis.
Eine ERP-Einführung ist außerdem eine der besten Gelegenheiten, um grundlegende Veränderungen in den Prozessen durchzusetzen. Es leuchtet jedem ein, dass sich mit neuen Werkzeugen und neuen Möglichkeiten auch neue Abläufe ergeben. Man kann kein neues System einführen und alles machen, wie zuvor – und trotzdem darauf hoffen, dass sich die Situation verbessert.
So beugen Sie Widerständen gegen die Veränderung vor
Die Kommunikation bei der Einführung ist wichtiger als die Veränderungen selbst. Je mehr Sie verändern, desto intensiver müssen sie kommunizieren. Diese fünf Tipps helfen Ihnen dabei:
- Informieren Sie die Mitarbeitenden rechtzeitig: Informieren Sie die Belegschaft, sobald das ERP-Projekt beschlossen wurde – nicht früher und nicht später. Auch während des Projekts sollten Sie immer wieder über den Fortschritt berichten. Binden Sie die Key User als interne Multiplikatoren ein.
- Schaffen Sie Transparenz: Spielen Sie mit offenen Karten. Erklären Sie ausführlich, was sich ändern soll, welche Ziele erreicht werden sollen, und warum.
- Stellen Sie die positiven Effekte der Veränderung heraus: Zeigen Sie deutlich und immer wieder, wie das ERP-System die Situation des Unternehmens und der Mitarbeitenden verbessern wird.
- Fördern Sie die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden: Die Arbeit einzelner wird durch das ERP-System stark verändert werden. Helfen Sie den Betreffenden, die persönlichen Chancen darin zu sehen. Unterstützen Sie sie durch Training und Weiterbildung, wenn nötig.
- Nutzen Sie das ERP-System nicht als reines Kontrollinstrument: Anhand der ERP-Daten kann die Leistung der Abteilungen gemessen werden. Sorgen Sie dafür, dass diese Transparenz nicht als Druckmittel verwendet wird. Sonst ist die neue Begeisterung für das ERP-System schnell dahin.
Fazit
Eine ERP-Einführung bringt Umbrüche mit sich. Sie kann für alle Beteiligten schwierig und aufreibend sein. Darum kommt kein Unternehmen herum. Die wesentliche Frage ist nicht, wie viel Sie verändern dürfen. Konzentrieren Sie sich stattdessen darauf, wie Sie die notwendigen Veränderungen so begleiten, dass alle mitziehen. Wenn Sie es richtig anpacken, bringt die ERP-Einführung Ihr Unternehmen einen Riesenschritt voran. Der Nutzen wird Ihre vorübergehenden Probleme bei Weitem aufwiegen.