ERP-Systeme sind nur so gut wie ihre Nutzer*innen. Will heißen: Nur wenn alle User die Software im Alltag professionell anwenden, kann sie einen Mehrwert generieren. Deshalb ist es mit der Implementierung allein nicht getan. Ihre Mitarbeitenden müssen auch wissen, wie sie die Lösung im Tagesgeschäft richtig einsetzen. Hierfür benötigen sie mehrere ERP-Anwenderschulungen.
Doch wie genau sollten solche Schulungen ablaufen, damit Ihr Unternehmen den größten Nutzen daraus zieht? In diesem Artikel stellen wir Ihnen unterschiedliche Schulungsansätze vor, mit denen Sie Ihre Mitarbeitenden nachhaltig auf Kurs bringen.
Die ERP-Anwenderschulung entscheidet über den Projekterfolg
Manche Unternehmen sehen die Schulungsphasen während der ERP-Einführung als reine Formalität an. Als eine Art Nebenschauplatz, der eine eher untergeordnete Rolle spielt. Das ist ein fataler Fehler, denn in Wirklichkeit haben die Anwenderschulungen einen immensen Einfluss auf den Projekterfolg.
Gut geschulte Mitarbeitende fügen die Lösung schnell nahtlos in ihre Arbeitsabläufe ein und erhöhen damit zügig die Effizienz des Unternehmens. Genau das, was Sie mit dem System erreichen wollen.
Schlecht geschulte Anwender*innen hingegen benötigen deutlich mehr Zeit, um sich an die neue ERP-Software zu gewöhnen. Und nicht nur das: Eine unsachgemäße Bedienung kann zu fehlerhaften Daten und einer sinkenden Produktivität führen. Im schlimmsten Fall sind die Unsicherheiten im Umgang mit dem System so groß, dass sich im Team eine starke Ablehnungshaltung breitmacht. Für das Unternehmen bedeutet das im Ergebnis Effizienzverluste und höhere Support-Kosten. Genau das, was Sie vermeiden möchten.
Die schulende ERP-Einführung: Von Anfang an involviert
Die sogenannte schulende ERP-Einführung ist ein Vorgehensmodell, das von Beginn an ERP-Wissen beim Kunden aufbaut. Der Anbieter bezieht dabei Ihre Mitarbeitenden ab dem ersten Projekttag in die Entwicklung des Systems ein.
So läuft die schulende ERP-Einführung ab
Bereits zu Projektbeginn stellen Sie eine Gruppe von Mitarbeitenden zusammen, die aktiv in die Projektarbeit eingebunden wird. Diese Personen bilden zwei Projektteams:
- Ein Prozess-Team, das die Abläufe im ERP-System erstellt und Prozesse dokumentiert.
- Ein Technik-Team, das sich um Administration und Reporting kümmert.
Die Mitglieder beider Kernteams werden ab einem sehr frühen Zeitpunkt in der Konfiguration der ERP-Lösung geschult. Dadurch können sie die Software ganz nach den Vorstellungen des Unternehmens gestalten. Sie sind also diejenigen, die den Prototypen des späteren Systems gemeinsam mit dem Anbieter erstellen. Bei Support-Bedarf wenden sie sich einfach an den Anbieter und nehmen weitere Beratungs- oder Schulungsangebote in Anspruch.
| Merkmal | Klassische Einführung | Schulende Einführung |
| Zeitpunkt der Schulung | Nach der Systemkonfiguration | Bereits zu Projektbeginn |
| Einbindung der Mitarbeitenden | Passiv | Aktiv |
| Wissenstransfer | Anbieter → Kunde | Anbieter ↔ Kunde (gegenseitig) |
| Nutzerakzeptanz | Mittel | Hoch |
| Anpassungsfähigkeit nach Go-Live | Eingeschränkt | Hoch |
Vorteile der schulenden Einführung
Früher Wissensaufbau im Unternehmen
Da die Mitglieder beider Teams unmittelbar an der Installation und Konfiguration der ERP-Lösung beteiligt sind, machen sie sich schon früh mit der Software vertraut. Dadurch können sie sich mit dem Anbieter über das System und seine Möglichkeiten auf Augenhöhe verständigen. Vor allem ERP-unerfahrene Unternehmen profitieren von der engen Zusammenarbeit mit dem IT-Partner.
Reduktion von Anpassungsproblemen
Mit der schulenden ERP-Einführung gehören lückenhafte Kundenvorgaben der Vergangenheit an. Das wiederum führt dazu, dass das System meist umgehend nach dem Go-Live auf die gewünschte Weise funktioniert. Sollten später dennoch Optimierungen nötig sein, wissen sich die Mitarbeitenden des Auftraggebers meist selbst zu helfen. Schließlich bleibt das systemspezifische Know-how aus den Schulungen im Kundenunternehmen.
Erhöhung der Nutzerakzeptanz
Die Mitglieder der Kern-Teams wissen genau, mit welchen Herausforderungen ihre Kolleg*innen Tag für Tag zu kämpfen haben. Dementsprechend können sie eventuelle Schwierigkeiten vorhersehen und frühzeitig in die ERP-Einführung einfließen lassen. Folglich erhalten die End-User ein System, das genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist und sie im Tagesgeschäft optimal entlastet. Die Bereitschaft, die Software aktiv zu nutzen, steigt.

Das sollten Sie wissen
- Die Methode der schulenden ERP-Einführung kann äußerst effizient sein, eignet sich jedoch nicht für jedes Unternehmen.
- Sinn macht das Schulungsmodell nur dann, wenn Sie über genügend geeignete Mitarbeitende verfügen.
- Die Projektbeteiligten benötigen ausreichend zeitliche Kapazitäten, um sich dem ERP-Projekt angemessen widmen zu können. Die frühzeitige Entlastung von Standardaufgaben ist unbedingt notwendig.
Unverzichtbar: Die mehrstufige Schulung der Key- und End-User
Kommt die schulende ERP-Einführung für Sie nicht in Frage, läuft das Projekt nach dem folgenden klassischen Schema ab:
- Zunächst tragen Anbieter und Kunde im Rahmen von Workshops gemeinsam die wichtigsten Informationen über alle Geschäftsabläufe zusammen.
- Basierend auf diesem Wissen passt der Anbieter anschließend seine Software an die Bedürfnisse des Kunden an.
- Erst dann beginnt er mit der Schulung der Key-User.
Ganz gleich, ob Sie sich für die schulende oder klassische Einführung entscheiden: Als Schnittstelle zwischen der Software und den Geschäftsprozessen des Unternehmens nehmen die Key-User in jedem ERP-Projekt eine wichtige Position ein. Sie sind es auch, die am Ende die interne Schulung der Endanwender*innen übernehmen.
So laufen die ERP-Anwenderschulungen ab
1. Schritt: Die Basisschulung – das erste Training für die Key-User
Die Basisschulung führt der Anbieter bereits vor Beginn der technischen Umsetzung durch – parallel zur Erstellung des Fachkonzepts. Das Training bereitet das Projektteam auf die Implementierung vor und gibt den Key-Usern einen groben Überblick über das System, das User Interface und die wichtigsten Funktionen. Diese erste Schulung soll die Key-User somit in die Lage versetzen, das ERP-Projekt fachlich zu unterstützen – beispielsweise bei der Prozessanalyse und der Datenmigration.
2. Schritt: Modulbezogene Schulungen – vertiefendes Training für die Key-User
Im weiteren Projektverlauf erhalten die Key-User vertiefende Schulungen, die sich auf einzelne Funktionsmodule des ERP-Systems beziehen. Diese Trainings vermitteln ein detailliertes Wissen, das für den jeweiligen Fachbereich relevant ist. In einer Schulung für das Vertriebsmodul lernen Teilnehmende beispielsweise, Kundenaufträge anzulegen und Lieferungen zu steuern. Ziel ist es, die Key-User zu Expert*innen und Ansprechpartner*innen für das ERP-System und seine Anwendung zu machen.
3. Schritt: Schulung der End-User – Training der restlichen Mitarbeitenden
Nach der Einrichtung der ERP-Lösung haben die Key-User umfangreiche Kenntnisse über die Software erworben. Das gilt jedoch nicht für den Rest Ihrer Belegschaft – die eigentlichen User. Deshalb folgt im Anschluss an die technische Umsetzung die Schulung der Endanwender*innen. Dabei geben die Key-User ihr gesammeltes Wissen an ihre Kolleg*innen weiter.
Die Schulung der End-User ist von zentraler Bedeutung. Sie zielt darauf ab, das ERP-System endgültig in den Arbeitsalltag zu integrieren und die notwendige Sicherheit in der Bedienung zu vermitteln. Andernfalls kann selbst ein perfekt aufgesetztes ERP-System seine eigentliche Aufgabe nicht erfüllen und ein erfolgreicher Go-Live nicht gewährleistet werden.
Interne ERP-Anwenderschulungen haben den Vorteil, dass nur eine geringe Distanz zwischen den Teilnehmenden besteht. Im Gegensatz zu externen Coaches können die Key-User die Schulungen individuell an das Team anpassen und aus einer Position des Vertrauens heraus agieren. Dadurch verringern sich meist die Widerstände der Mitarbeitenden.

Darauf sollten Sie achten
- Planen Sie die Schulungen so früh wie möglich ein. So stellen Sie sicher, dass alle Mitarbeitenden genügend Zeit haben, das System zu verstehen und Veränderungen im Arbeitsalltag zu verankern.
- Bieten Sie den Anwender*innen kontinuierlich Weiterbildungen an und lassen Sie Supportanfragen nicht ins Leere laufen. Damit fördern Sie nicht nur die Sicherheit im Umgang mit dem System, sondern auch die Nutzerakzeptanz.
- Passen Sie die Schulungsinhalte an die spezifischen Bedürfnisse der User an. Auf diese Weise erlernen Ihre Mitarbeitenden genau die Funktionen, die sie in ihrer täglichen Arbeit benötigen.
Unser Tipp: Online-ERP-Anwenderschulungen
Dank Online-Meeting-Tools und Videocalls müssen ERP-Anwenderschulungen heutzutage nicht mehr unbedingt als Präsenztermine stattfinden. Der Umgang mit dem System lässt sich auch gut remote trainieren. Vorausgesetzt, Sie treffen die nötigen Vorbereitungen.
Vorteile von Online-ERP-Anwenderschulungen
- Online-Schulungen bieten eine hohe Flexibilität, da Sie sie unabhängig von festen Zeiten und Orten durchführen können.
- Durch den Wegfall von Reisekosten ermöglichen Online-Schulungen eine kosteneffiziente Durchführung.
- Dank Aufzeichnungen und Webinaren haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, in ihrem eigenen Tempo zu lernen.
Darauf sollten Sie achten
- In Online-Schulungen ist die Aufmerksamkeitsspanne der Teilnehmenden gewöhnlich geringer als bei Präsenzterminen. Setzen Sie daher interaktive Elemente wie digitale Whiteboards und Umfragen ein, um den aktiven Austausch zu fördern. Lerninhalte werden dadurch nicht nur passiv konsumiert, sondern gemeinsam erarbeitet.
- Nichts ist frustrierender als eine unzureichende technische Infrastruktur, die bei der Übertragung Störungen oder Ausfälle verursacht. Eine stabile Internetverbindung, leistungsfähige Online-Meeting-Tools und hochwertige Audio- und Videotechnik sind somit unverzichtbar.
- Selbst das beste technische Equipment kann mal Probleme machen. Greifen Sie Ihren Mitarbeitenden daher mit technischem Support unter die Arme, sodass sie schnell Lösungen finden. Bieten Sie zudem Tutorials an, mit denen die Teilnehmenden kleine Herausforderungen selbst meistern können.
- Ihre Mitarbeitenden möchten nicht einfach ins Blaue hinein lernen. Sie möchten genau wissen, welche Kompetenzen und Vorteile ihnen die ERP-Anwenderschulung zu welchem Zeitpunkt bringen wird. Stellen Sie deshalb sicher, dass die Schulungsinhalte gut strukturiert und die Lernziele klar definiert sind.
Fazit: Ohne Wissensaufbau kein Erfolg
Unzweifelhaft zählt die ERP-Anwenderschulung zu den wichtigsten Schritten der ERP-Einführung. Nur wenn die User das neue System akzeptieren und sicher bedienen, lässt sich dessen volles Potenzial im Arbeitsalltag ausschöpfen.
Welcher Schulungsansatz der richtige für Sie ist, hängt von der gewählten Einführungsmethodik ab. Im besten Fall kommt für Sie eine Kombination der verschiedenen Methoden in Frage. Dann nämlich können Sie die Herausforderungen insgesamt minimieren und von den Vorteilen jedes Modells profitieren. Das erhöht am Ende die Chance, dass Ihre Mitarbeitenden das ERP-System tatsächlich optimal einsetzen – und damit langfristig zum Projekterfolg beitragen.
Whitepaper: Erfolgsfaktor Mensch im ERP-Projekt
Schulungen sind mehr als Wissenstransfer – sie schaffen Akzeptanz. In unserem Whitepaper erfahren Sie, wie Sie Geschäftsführende, Key-User und Anwender*innen frühzeitig ins Boot holen und mit durchdachter Kommunikation und Qualifizierung zum gemeinsamen Projekterfolg führen.




