Nicht selten sind ERP-Systeme 10 bis 15 Jahre im Einsatz. Gemessen am rasanten technologischen Fortschritt betreiben manche Unternehmen daher mittlerweile echte ERP-Urgesteine. Spätestens wenn die Funktionalität mit den aktuellen Marktanforderungen nicht mehr mithalten kann, wird es jedoch Zeit für den Umstieg auf eine neue ERP-Lösung.

Ohne ERP-Migrationskonzept unvorbereitet mit der Umsetzung zu starten, ist jedoch keine gute Idee. Folgenreiche Projektfehler können schnell das Budget sprengen und geschäftsschädigende Folgen haben.

In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, wie Sie Ihre ERP-Migration in 5 Phasen erfolgreich meistern. Zudem erfahren Sie, wie Process Mining die Komplexität des Projekts deutlich reduzieren kann.   

Was bedeutet ERP-Migration?

Unter ERP-Migration ist der Umstieg von einem bestehenden Enterprise Resource Planning (ERP) System auf eine neue Lösung zu verstehen. Erforderlich ist eine Migration beispielsweise dann, wenn der Anbieter den Support für das System eingestellt hat und dadurch ein hohes Sicherheitsrisiko besteht. Ebenso kann ein Wechsel nötig sein, wenn das System veraltet ist oder es das Wachstum des Unternehmens aufgrund fehlender Funktionen nicht mehr optimal unterstützen kann. Entspricht die ERP-Funktionalität nicht den aktuellen Geschäftsanforderungen, kann sich das negativ auf die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit auswirken.

Unternehmen sollten sich darüber bewusst sein, dass der Wechsel auf ein neues ERP-System ein äußerst komplexes Projekt ist. Die Migration lässt sich daher nicht mal eben nebenbei stemmen. 


Diese Herausforderungen erwarten Sie bei der ERP-Migration 

1. Fehlerfreie Datenmigration

Die fehlerfreie Übertragung der vorhandenen Informationen auf ein neues System gehört zu den wichtigsten und gleichzeitig heikelsten Bestandteilen einer ERP-Migration. Relevante Daten dürfen während der Migration keinesfalls verloren gehen oder beschädigt werden. 

2. Nahtlose Systemintegration

Eine gelungene Migration setzt eine effiziente Zusammenarbeit zwischen dem neuen ERP-System und vorhandenen Anwendungen voraus. Nur wenn das System nahtlos in die bestehende IT-Landschaft integriert ist, kann es Ihre Geschäftsprozesse optimal unterstützen. 

3. Akzeptanz der Mitarbeitenden

Der Wechsel auf ein neues ERP-System kann bei Anwender*innen Ablehnung oder Überforderung auslösen. Damit alle Mitarbeitenden die neue Software akzeptieren, sind zielführende Maßnahmen wie Schulungen und Feedback-Mechanismen erforderlich. 

4. Vermeidung von Ausfallzeiten

Kommt es während der Migration zu Systemausfällen, kann das weitreichende Folgen haben. Betriebsunterbrechungen sind möglichst zu vermeiden, da sie schnell zu hohen finanziellen Verlusten und einem Vertrauensbruch bei Partnern und Kund*innen führen können.

Die 5 Phasen einer erfolgreichen ERP-Migration

Um die Risiken bei der ERP-Migration möglichst gering zu halten, sollte das Projekt einem gut durchdachten Migrationskonzept folgen. Die Unterteilung in mehrere Phasen stellt sicher, dass Sie Ihr Ziel Schritt für Schritt zuverlässig erreichen.

1. Phase: Vorbereitung und Planung

Bevor es an die Umsetzung geht, sollten Sie das Altsystem und Ihre aktuellen Geschäftsabläufe genau unter die Lupe nehmen. Indem Sie bisherige Schwächen identifizieren, erkennen Sie Optimierungspotenziale und werden sich Ihrer Anforderungen bewusst.

So gehen Sie vor: 

  • Identifizieren und analysieren Sie zunächst Ihre aktuellen Geschäftsprozesse.
  • Hinterfragen Sie Ihre bisherigen ERP-Konfigurationen.
  • Machen Sie eine technische und funktionale Anforderungsanalyse.
  • Halten Sie Ihre aktuellen und zukünftigen Anforderungen in einem Lastenheft fest.
  • Stellen Sie Ihr Projektteam zusammen.

2. Phase: Auswahl des neuen ERP-Systems

Bei der Wahl des richtigen ERP-Systems haben Sie die Qual der Wahl. Zu den relevanten Auswahlkriterien zählen unter anderem die Funktionalität, die Branchen-Kompatibilität und der Preis. Wichtig ist, dass Sie Ihre Entscheidung auf Basis ausgereifter Überlegungen treffen.

So gehen Sie vor: 

  • Recherchieren Sie nach ERP-Systemen, die zu Ihren Anforderungen passen.
  • Schicken Sie Ihr Lastenheft an geeignete Anbieter.
  • Briefen Sie Ihre favorisierten Anbieter in einem persönlichen Meeting.
  • Lassen Sie sich die ERP-Systeme in individuellen Workshops präsentieren.
  • Treffen Sie Ihre finale Wahl.

3. Phase: Implementierung

Haben Sie Ihr Wunschsystem gefunden, geht es an die Umsetzung der ERP-Migration. Verfügen Sie für die technische Implementierung nicht über genügend interne Ressourcen, steht Ihnen Ihr ERP-Anbieter weiterhin als fachlicher Berater und Projektpartner zur Seite.

So gehen Sie vor:

  • Bereinigen Sie zunächst Ihre vorhandenen Daten.
  • Achten Sie darauf, dass Ihre Key-User erste Schulungen erhalten.
  • Richten Sie das ERP-System in Zusammenarbeit mit dem Anbieter ein.
  • Lassen Sie das System an Ihre individuellen Prozesse und Anforderungen anpassen.
  • Migrieren Sie Ihre Daten vom Altsystem zum Zielsystem.

4. Phase: Testen

Bevor das neue ERP-System live geht, stehen umfangreiche Tests auf dem Plan. Indem Sie die Lösung in einer Testumgebung auf Herz und Nieren prüfen, können Sie mögliche Fehlfunktionen beheben. Dies reduziert das Risiko von späteren Störungen im Livebetrieb.

So gehen Sie vor:

  • Prüfen Sie die Software auf korrekte Funktionalität.
  • Stellen Sie das reibungslose Zusammenspiel mit anderen Anwendungen sicher.
  • Lassen Sie Ihre Endbenutzer*innen testen, ob das System alle Geschäftsprozesse optimal unterstützt.
  • Überprüfen Sie die Software auf Sicherheitslücken.
  • Bewerten Sie die Benutzerfreundlichkeit der Software.

5. Phase: Change Management

Ganz gleich, wie perfekt die ERP-Migration bisher gelaufen ist: Am Ende steht und fällt der Projekterfolg mit der Nutzerakzeptanz und -adoption. Nur wenn alle Mitarbeitenden die neue Software optimal bedienen, kann das System seine Stärken voll ausspielen.

So gehen Sie vor:

  • Informieren Sie Ihre Mitarbeitenden frühzeitig über die ERP-Migration.
  • Beauftragen Sie Ihre Key-User, die Kolleg*innen im Umgang mit der neuen Software zu schulen.
  • Holen Sie die Meinung und das Feedback der Belegschaft ein.
  • Bauen Sie Bedenken und Widerstände durch gezielte Kommunikation ab.
  • Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden bei neuen Arbeitsabläufen.

Sie sehen: Die Migration auf ein neues ERP-System ist ein herausforderndes Projekt, das zahlreiche Stolpersteine in sich birgt und eine strukturierte Planung erfordert. Wie gut, dass Sie sich für einige Phasen der ERP-Migration technologische Unterstützung holen können – durch Process Mining.

Was ist Process Mining?

Process Mining ist eine Methode zur elektronischen Analyse und Visualisierung von Geschäftsprozessen. Dabei werten spezielle Tools Log- und Ereignisdaten aus IT-Systemen in Echtzeit aus und machen die tatsächlichen Prozessabläufe sichtbar. Auf diese Weise können Unternehmen die digitalen Fußspuren verborgener Prozesse verfolgen und Abweichungen von Soll-Prozessen erkennen. Im Ergebnis ermöglicht Process Mining die schnelle Identifizierung von prozessualen Schwachstellen und die gezielte Einleitung von Optimierungsmaßnahmen

So kann Sie Process Mining bei der ERP-Migration unterstützen

Vor und während der Implementierung

Wie oben bereits erwähnt, sollten Sie ganz zu Beginn des Projekts alle Geschäftsabläufe identifizieren und analysieren. Häufig geschieht dies immer noch anhand manueller Erhebungen: Die Key-User der einzelnen Abteilungen ermitteln, dokumentieren und bewerten die wichtigsten Vorgänge händisch. Basierend auf ihrem Fachwissen können sie daraufhin Verbesserungsvorschläge machen, auf Probleme hinweisen und den Idealzustand definieren.

Die manuelle Prozessermittlung ist jedoch mit einem großen Nachteil verbunden:
Nicht selten erfassen die Key-User nur die offensichtlichen Vorgänge – versteckte Abläufe hingegen bleiben unsichtbar. Der Einkauf beispielsweise ist ein zentraler Bestandteil eines Unternehmens, wird aber meist von verschiedenen Personen gehandhabt. Diese führen wiederum unterschiedliche Arbeitsabläufe durch. Da normalerweise nicht alle Personen an der Dokumentation der Prozesse beteiligt sein können, bleiben manche Vorgänge unentdeckt. Je größer ein Unternehmen ist, desto mehr Prozesse können übersehen werden.

Mit Process Mining hingegen besteht diese Problematik nicht:
Unternehmen können einfach die Daten aus dem aktuellen ERP-System verwenden, um alle Vorgänge automatisiert zu finden. Spezielle Tools machen unsichtbare Routinen transparent, indem sie Vorgänge rekonstruieren und grafisch aufbereiten. Engpässe kommen dadurch genauso ans Tageslicht wie ineffiziente Prozesse. Am Ende ist Process Mining nicht nur genauer als der manuelle Ansatz, es ist auch schneller und spart Ressourcen.

Moderne Process-Mining-Lösungen ermöglichen jedoch nicht nur die Darstellung von Ist-Prozessen, sondern auch die Modellierung und Simulation von zukünftigen Vorgängen. So können Sie bereits vor der Ausführung sehen, wie sich bestimmte Prozessänderungen auf die Wirtschaftlichkeit auswirken. Wenn Sie Ihre Geschäftsabläufe bereits während der ERP-Migration optimieren, verringern Sie die Gefahr von Störungen nach der Migration erheblich.

Mit dem Process-Mining-Tool spielen Sie so lange unterschiedliche Prozess-Szenarien durch, bis Sie das ideale Soll-Modell für Ihr Unternehmen gefunden haben. Dieses Zielmodell können Sie zunächst für die Anforderungsanalyse verwenden. Später dient es als Vorlage für die Konfiguration und Anpassung Ihres neuen ERP-Systems an die individuellen Bedürfnisse Ihres Unternehmens. 


Nach der Implementierung

Mit der durchgeführten ERP-Migration ist die Systemoptimierung nicht abgeschlossen. Um vom neuen ERP-System langfristig zu profitieren, sollten Sie dessen Leistung fortlaufend überprüfen und verbessern. Process Mining ist auch hierbei äußerst hilfreich: So können Sie beispielsweise die Effizienz der Ist-Prozesse im neuen ERP-System kontinuierlich überwachen und sie mit dem festgelegten Soll-Zustand vergleichen. Bei Abweichungen nehmen Sie die nötigen Anpassungen vor.

Wenn Sie die aktuellen und idealen Prozessaktivitäten gegenüberstellen, können Sie zudem Rückschlüsse auf mögliche Schwachstellen bei der Bedienung des Systems ziehen. Diese Erkenntnisse wiederum nutzen Sie dafür, Ihre Mitarbeitenden gezielt zu schulen.

Fazit: Process Mining reduziert Risiken und Aufwände

Eine ERP-Migration ist ein langwieriger und komplizierter Vorgang. Ohne ein Migrationskonzept und eine detaillierte Roadmap mit vielen kleinen Zwischenzielen ist das Projekt meist zum Scheitern verurteilt.

Process Mining ist ein wichtiger Baustein der Roadmap und kann in einigen Phasen der ERP-Migration enorm hilfreich sein. Spezielle Anwendungen machen versteckte Geschäftsprozesse transparent und helfen Ihnen bei der Entwicklung optimaler Prozessmodelle. Darüber hinaus ermöglichen sie nach der Migration die regelmäßige Überwachung und Optimierung Ihrer Abläufe. Alles in allem können Sie mit Process Mining nicht nur Risiken minimieren, sondern auch den Kosten-, Zeit- und Ressourcenaufwand verringern.

Allerdings darf nicht der Eindruck entstehen, dass Process Mining die menschliche Prozess-Bewertung gänzlich ersetzen könnte. Vielmehr ist sie als Ergänzung und technologische Unterstützung bei der manuellen Arbeit zu verstehen.

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