Die Einführung eines ERP-Systems bringt neben vielen Vorteilen auch Risiken mit sich. Im Internet kursieren zahlreiche Horrorgeschichten über fehlgeschlagene Projekte: Da ist von überzogenen Budgets, langen Verzögerungen und Widerständen innerhalb der Belegschaft die Rede. 

Kein Wunder also, dass viele Projektverantwortliche verunsichert sind. Was, wenn solch ein Desaster auch im eigenen Unternehmen passiert? An dieser Stelle können wir Sie beruhigen: Mit der richtigen Vorbereitung besteht kein Grund zur Panik. Damit auch bei Ihnen alles glatt läuft, haben wir eine Checkliste mit den wichtigsten Erfolgsfaktoren für Sie erstellt. Wenn Sie folgende Punkte vor Projektbeginn beachten, steht einer reibungslosen ERP-Einführung nichts im Wege.

1. Dokumentieren und optimieren Sie Ihre Prozesse

In jedem Unternehmen findet ein Informationsaustausch statt. Daten wie Lieferzeiten, Lagerbestände oder Projektkalkulationen werden von einem Bereich an den nächsten weitergeleitet und dort verarbeitet. Das ERP-System kann diesen Austausch nur dann abbilden, wenn er prozessual und strukturiert erfolgt.

Damit die Software später also einwandfrei funktioniert, müssen Sie zunächst Ihre aktuellen Prozesse formell ausformulieren. Jeder Datenaustausch in Ihrem Unternehmen sollte anhand von Abläufen lückenlos dokumentiert und genau geregelt sein. Ohne eine Beschreibung des Ist-Zustands ist eine vollständige Abbildung aller Vorgänge im System nicht möglich.

Wichtig zu wissen: 
Bei der reinen Dokumentation darf es nicht bleiben. Damit das System am Ende sein volles Potenzial entfalten kann, müssen Sie Ihre internen Prozesse auch analysieren und überarbeiten. Denn die eigentliche Stärke einer ERP-Lösung besteht darin, optimierte Abläufe bestmöglich zu unterstützen.

To-dos:

  • Betrachten Sie den Informationsaustausch in Ihrem Unternehmen aus Prozesssicht.
  • Dokumentieren Sie Ihre aktuellen Abläufe lückenlos.
  • Stellen Sie alle internen Prozesse frühzeitig auf den Prüfstand.
  • Planen Sie genügend Zeit für die Prozessoptimierung ein.

Damit das System am Ende sein volles Potenzial entfalten kann, müssen Sie Ihre internen Prozesse auch analysieren und überarbeiten.

2. Schaffen Sie Bewusstsein für nötige Änderungen

Manche Unternehmen gehen davon aus, dass bereits die bloße Implementierung des ERP-Systems für effizientere Prozesse sorgt. Sie betrachten das Tool als eine Art Wunderwaffe, die alle existierenden Probleme wie von Zauberhand in nichts auflöst. Das ist natürlich eine Fehleinschätzung. Am Ende des Tages ist eine ERP-Lösung lediglich ein Stück Software mit Features und Funktionen, die für sich genommen noch keinen Mehrwert generieren.

Erst durch den aktiven Einsatz der neuen Lösung kann das System etwas bewirken. Das heißt, Ihre gesamte Belegschaft muss bereit sein, mit der neuen Software zu arbeiten und alte Strukturen aufzubrechen. Hierfür sollten Sie im gesamten Unternehmen das nötige Bewusstsein für den Änderungsbedarf schaffen. Das Verständnis für Prozessanpassungen und die Bereitschaft zur Veränderung müssen in allen Bereichen verankert sein. 

Wichtig zu wissen:
Die Abhängigkeiten innerhalb der Wertschöpfungskette stehen in einem direkten kausalen Zusammenhang. Nutzt ein Unternehmensbereich die ERP-Lösung nicht, hat das unmittelbare Auswirkungen auf die vor- und nachgelagerten Prozesse. 

Bearbeitet beispielsweise die Produktion Aufträge nach wie vor mithilfe von physischen Laufkarten, ist eine digitalisierte Reaktion auf geänderte Termine in der Planung nicht möglich. Jemand muss jeden Morgen die Auftragsdaten ausdrucken und in die Werkshalle bringen. Damit erfährt der digitale Informationsfluss einen deutlichen Bruch.

To-dos:

  • Machen Sie sich bewusst, dass das ERP-System allein noch keine Effizienz erzielt.
  • Finden Sie heraus, wie die einzelnen Unternehmensbereiche miteinander interagieren.
  • Binden Sie alle Abteilungen an die Lösung an.
  • Erläutern Sie jedem Mitarbeitenden die dringende Notwendigkeit zur Veränderung.

3. Setzen Sie auf ein professionelles Change Management

Hin und wieder halten einzelne Abteilungen oder Mitarbeitende dennoch vehement an etablierten Abläufen fest und blockieren die Prozessanpassungen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Manche sehen keinen Sinn darin, etwas zu ändern, das bereits seit Jahren funktioniert. Oder es sind Machtkämpfe im Spiel, bei denen der Verlust der eigenen Unentbehrlichkeit fatal wäre. Auch Überforderung kann sich in Widerstand ausdrücken.

Was auch immer die Auslöser sein mögen: Wenn sich Ihre Mannschaft gegen das System sträubt, bringt Ihnen selbst die weltbeste ERP-Lösung kaum Effizienzgewinne. Change Management ist daher einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren eines ERP-Projekts. Unternehmen, die sich und ihre Mitarbeitenden schon im Vorfeld auf die drohende Problematik vorbereiten, sind im Vorteil. 

Wichtig zu wissen:
Die Ängste und Sorgen Ihrer Kolleg*innen einfach zu ignorieren, ist keine gute Idee. Seien Sie stattdessen transparent und kommunizieren Sie alle Entwicklungen offen an Ihre Belegschaft. Erläutern Sie immer wieder die Vorteile der neuen Software und verdeutlichen Sie den Nutzen, den die Lösung für die tägliche Arbeit mit sich bringt.

To-dos:

  • Holen Sie Ihre Mitarbeitenden frühzeitig an Bord und beziehen Sie sie aktiv in den Veränderungsprozess ein.
  • Informieren Sie die Belegschaft kontinuierlich über den Projektfortschritt.
  • Seien Sie offen für Feedback, Ideen, Zweifel und Sorgen.
  • Führen Sie umfassende Schulungen durch und bieten Sie Lernmaterialien an.

Mehr dazu:
Großer Praxisleitfaden Change Management

4. Formulieren Sie präzise Projektziele

Ebenfalls ganz zu Beginn sollten Sie festlegen, was Sie überhaupt erreichen möchten. Je genauer Sie Ihre Ziele kennen, desto besser können Sie darauf hinarbeiten.

Die Qualität der Zieldefinition spielt dabei eine entscheidende Rolle: Sie muss klar, präzise und unmissverständlich sein. Schwammige Formulierungen wie „den Umsatz steigern“ stellen keine Entscheidungshilfe dar, sondern verursachen lediglich Verwirrung. Weder Ihr Projektteam noch Ihre externen Partner können daraus konkrete Anforderungen oder Vorgaben ableiten.

Bei der Ausformulierung Ihrer Ziele können Sie sich an der SMART-Systematik orientieren – einem Akronym, das fünf Kriterien für werthaltige Ziele definiert. Haben Sie hingegen Schwierigkeiten bei der grundlegenden Zielfindung, sollten Sie sich Greiners Wachstumsmodell einmal genauer ansehen. Es kann Ihnen dabei helfen, Ihre Ziele besser an Ihrer Unternehmensstrategie auszurichten.

Wichtig zu wissen:
Der Funktionsumfang Ihres ERP-Systems sollte genau zu Ihren Zielen passen und den gesamten Wertschöpfungsprozess abdecken. Tut er das nicht, ist die Software nicht mehr als ein strukturierter Datenspeicher oder eine Organisationshilfe. Allzu aufgebläht sollte die ERP-Lösung im ersten Schritt aber auch nicht sein, da sonst die Kosten und die Projektdauer zu sehr ansteigen. Im Idealfall ist das System modular aufgebaut. Dann nämlich können Sie die Software jederzeit mit weiteren Funktionen aufrüsten, wenn sich die Anforderungen in der Zukunft ändern.

To-dos:

  • Formulieren Sie Ihre Ziele so konkret wie möglich.
  • Vermeiden Sie ungenaue Aussagen.
  • Richten Sie den Funktionsumfang an Ihren Zielen aus.
  • Wählen Sie weder zu viele noch zu wenige Features.

5. Stellen Sie ein starkes Projektteam zusammen

Der Erfolg der ERP-Einführung hängt auch in hohem Maße von der Auswahl des passenden Projektteams ab. Idealerweise setzt es sich aus einer erfahrenen Projektleitung und motivierten Key-Usern zusammen. Doch längst nicht alle Personen eignen sich für diese Positionen.

Bei der Zusammenstellung des Teams ist also Fingerspitzengefühl gefragt. Der Auswahlprozess ist zwar individuell, doch auf folgende Charaktereigenschaften sollten Sie besonders achten:

  • Für die Projektleitung suchen Sie jemanden, der das gesamte Unternehmen im Blick hat und nicht nur seine eigene Abteilung. Darüber hinaus führt die Person mit sanfter Hand, kann im richtigen Moment aber auch durchgreifen.
  • Als Key-User wählen Sie vor allem Personen mit einem hohen Maß an Fachkompetenz und Durchhaltevermögen aus. Weitsicht, Empathie und eine strukturierte Arbeitsweise sind ebenfalls exzellente Eigenschaften.

Wichtig zu wissen:
Die Projektleitung kann nur dann eine starke Position aufbauen, wenn sie den Rückhalt der Geschäftsführung genießt. Nur dann kann sie Detailentscheidungen eigenständig und selbstbewusst treffen. Kolleg*innen kommen somit gar nicht erst auf die Idee, sich über den Kopf der Projektleitung hinweg direkt an die nächste Instanz zu wenden. Das wiederum verringert das Micro-Management in der Führungsetage.   

To-dos:

  • Wählen Sie eine kompetente Projektleitung und fähige Key-User aus.
  • Achten Sie nicht nur auf fachliche, sondern auch auf persönliche Kompetenzen.
  • Räumen Sie der Projektleitung genügend Vertrauen und Mittel ein.
  • Stärken Sie den Projektverantwortlichen den Rücken.

6. Achten Sie auf eine sinnvolle Ressourcenplanung

Viel zu oft wird die ERP-Einführung zu einem rein technischen Projekt deklariert. Wenn die IT die Software eingeführt hat, wird schon alles laufen – so die Theorie. In der Realität betrifft ein ERP-Projekt jedoch immer das gesamte Unternehmen und erfordert internes Personal aus unterschiedlichen Bereichen. Denn der ERP-Anbieter übernimmt die Einführung nicht alleine.

Die Projektleitung und die Key-User beispielsweise begleiten den gesamten Einführungsprozess. Klar, dass sie für diese anspruchsvolle Aufgabe nicht nur spezielle Fähigkeiten, sondern auch viel Zeit benötigen.

Wichtig zu wissen:
Den internen Zeit- und Kostenaufwand unterschätzen viele Unternehmen. Bedenken Sie: Für die Projektleitung ist die Koordination und Überwachung der Implementierung fast ein Full-Time-Job. Sie investiert in der Regel bis zu 70 % ihrer Arbeitszeit in die Implementierung. Stellen Sie also sicher, dass Sie und Ihre Mitarbeitenden über die notwendigen zeitlichen Ressourcen verfügen.

To-dos:

  • Schätzen Sie den internen Aufwand realistisch ein.
  • Stellen Sie ausreichend Personal bereit.
  • Befreien Sie die Projektbeteiligten teilweise vom Tagesgeschäft, damit genug Zeit für die ERP-Einführung bleibt.
  • Ziehen Sie bei Bedarf externe Unterstützung in Betracht.

7. Evaluieren Sie Ihre technologische Infrastruktur

Ein ERP-System stellt hohe Anforderungen an die IT-Landschaft eines Unternehmens. Als zentrale Plattform integriert es verschiedene Geschäftsbereiche und verarbeitet große Datenmengen in Echtzeit. Ohne eine leistungsstarke Infrastruktur kann die Implementierung zu Systemabstürzen, Datenverlusten oder langsamen Reaktionszeiten führen.

Die vorhandene Hard- und Software muss die Anforderungen des neuen ERP-Systems also voll erfüllen und mit diesem kompatibel sein. Durch eine frühzeitige und gründliche Bewertung lassen sich Risiken minimieren und eine reibungslose Integration gewährleisten.

Wichtig zu wissen:
Eine unzureichende Infrastruktur kann nicht nur die Leistungsfähigkeit des ERP-Systems beeinträchtigen, sondern auch zu hohen Folgekosten führen. Seien Sie auf nötige Nachrüstungen oder Verzögerungen im Projektverlauf gefasst.

To-dos:

  • Führen Sie eine Bestandsaufnahme Ihrer IT-Landschaft durch.
  • Nehmen Sie die Systemanforderungen des ERP-Systems unter die Lupe.
  • Beleuchten Sie die Kompatibilität und die Schnittstellen der einzelnen Lösungen.
  • Überprüfen Sie, ob Sie zusätzliche Hard- und Software oder Neuentwicklungen benötigen.

8. Sorgen Sie für saubere Stammdaten

Unternehmensdaten sind das Herzblut eines ERP-Systems. Sie bilden die Basis für korrekte Prozesse, Analysen und Dokumentationen. Sind Ihre Daten lückenhaft, fehlerhaft oder veraltet, beeinträchtigt das den Output des Systems. Fehlbuchungen, Lieferverzögerungen oder falsche Angaben zu Lagerbeständen sind nur einige Probleme, die daraus resultieren können. „Trash in – Trash out“ sagen IT-Experten salopp dazu.

Außerdem erschwert eine mangelhafte Datenqualität die Automatisierung, sodass Sie mit zeitintensiven manuellen Korrekturen rechnen müssen. Darunter wiederum leidet die Effizienz des gesamten Projekts. Eine gründliche Datenbereinigung nimmt für eine reibungslose ERP-Einführung daher einen hohen Stellenwert ein.

Wichtig zu wissen:
Es genügt nicht, lediglich bei der ERP-Einführung auf saubere Stammdaten zu achten. Wenn sich niemand die Mühe macht, Daten konsequent in das System einzupflegen, laufen all Ihre anfänglichen Bemühungen langfristig ins Leere. Für Ihre Mitarbeitenden sollte es also selbstverständlich sein, jede Transaktion und jede Information ausnahmslos im System zu vermerken. Denn nur so bilden Sie Ihr Tagesgeschäft lückenlos ab.

To-dos:

  • Prüfen Sie Ihre Stammdaten auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität.
  • Bereinigen Sie Ihre Daten, indem Sie beispielsweise Dubletten zusammenführen, Fehler korrigieren und irrelevante Informationen löschen.
  • Erstellen Sie ein Regelwerk für die Dateneingabe und führen Sie einheitliche Formate ein.
  • Schulen Sie Ihre Mitarbeitenden und etablieren Sie klare Regeln für die Datenpflege.

Alle Punkte erfüllt? Dann sind Sie bereit für die ERP-Einführung!

Konnten Sie alle 8 Punkte unserer Checkliste abhaken? Falls ja, dann brauchen Sie sich keine Sorgen mehr zu machen. Sie sind auf die ERP-Einführung bestens vorbereitet. Falls nein, stecken Sie lieber noch etwas mehr Zeit in die Planung. Denn Fehler in der Konzeption können am Ende teuer werden.

Allerdings sollten Sie nicht allzu perfektionistisch an die Sache herangehen. Mit ungeplanten Zwischenfällen müssen Sie immer rechnen. Meist handelt es sich dabei um geringe zeitliche Verzögerungen oder nicht einkalkulierte Aufwände, die noch im Rahmen liegen. Ein gut geplantes ERP-Projekt ist robust genug, um solche Störungen zu kompensieren.

Whitepaper zur ERP-Einführung

Welche Fehler Sie bei der ERP-Einführung auf jeden Fall vermeiden sollten, erfahren Sie in diesem Whitepaper. 

Jetzt kostenlos anfordern